# taz.de -- NPD verliert gegen Gauck: Alles Spinner | |
> Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, dass der Bundespräsident die | |
> NPD als „Spinner“ bezeichnen darf. Dieser habe „Gestaltungsspielraum“. | |
Bild: NPD-Aufmarsch gegen eine Asylbewerberunterkunft in Eisenhüttenstadt. | |
KARLSRUHE taz | Bundespräsident Joachim Gauck durfte NPD-Anhänger als | |
„Spinner“ bezeichnen. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag | |
entschieden. In einem Grundsatzurteil räumte Karlsruhe dem | |
Bundespräsidenten viel Spielraum ein. | |
Anlass war eine Diskussion Gaucks mit Berliner Schülern im August 2013. | |
Gauck hatte – im Zusammenhang mit der NPD – Bürger gelobt, „die auf die | |
Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufzeigen“. Die NPD sah darin | |
einen unzulässigen Eingriff Gaucks in die Chancengleichheit der Parteien. | |
NPD-Anhänger würden als „leicht geisteskrank“ dargestellt und das mitten … | |
Wahlkampf und vor beeinflussbaren Jungwählern, kritisierten die NPDler bei | |
der mündlichen Verhandlung im Februar. „Der Bundespräsident hat kein | |
Polemikverbot“, konterte dessen Rechtsvertreter. | |
Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Organklage der NPD zurückgewiesen. | |
Der Begriff „Spinner“ könne an sich zwar diffamierende Wirkung haben. | |
Zulässig sei die Bezeichnung aber, um Menschen zu kennzeichnen, die | |
„unbelehrbar“ und „unbeeindruckt von den verheerenden Folgen des | |
Nationalsozialismus“ weiter rechtsradikale Überzeugungen vertreten. Damit | |
habe Gauck nicht willkürlich gegen die NPD agitiert. | |
Gauck durfte auch generell zur Unterstützung von Protesten gegen | |
NPD-Aktivitäten rund um ein Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf aufrufen, | |
so die Verfassungsrichter. Schließlich habe der Bundespräsident nur zur | |
Nutzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit aufgerufen und nicht zu | |
Gewalt und Sachbeschädigungen. | |
## „Widerlich“ und „ekelig“ | |
In der mündlichen Verhandlung war deutlich geworden, dass Gauck | |
rechtsextreme Gedanken auch als „widerlich“, „eklig“ und „unappetitli… | |
bezeichnet hatte. Darauf gingen die Richter in ihrem Urteil nun aber | |
erstaunlicherweise nicht mehr ein. Gut für Gauck. Im grundsätzlichen Teil | |
der Entscheidung erklärten die Richter den Spagat des Präsidentenamtes. | |
Einerseits verkörpere er „die Einheit des Staates“. Andererseits müsse er | |
auch auf neue gesellschaftliche Entwicklungen eingehen können. Wie der | |
Bundespräsident seine Rolle erfülle, entscheide er selbst. Er sei frei in | |
der Wahl seiner Themen und frei in der Wahl seiner Kommunikationsformen. Er | |
könne ein „neutraler“ Bundespräsident sein, müsse es aber nicht. Der | |
Präsident habe dabei einen „weiten Gestaltungsspielraum“. | |
Allerdings stehe der Bundespräsident auch nicht „über dem Gesetz“. So dü… | |
er nicht willkürlich in die Chancenfreiheit der Parteien eingreifen, | |
betonten die Richter. Er dürfe Parteien nicht ohne sachlichen Grund | |
ausgrenzen. Insbesondere Beleidigungen und Schmähkritik seien ihm verwehrt. | |
Das Urteil hat grundsätzlich Bedeutung, da das Grundgesetz zur | |
Öffentlichkeitsarbeit des Bundespräsidenten so gut wie keine Vorgaben | |
macht. Die Klage der NPD war auch die erste Verfassungsklage zu diesem | |
Thema. | |
Gauck war nicht nach Karlsruhe gekommen. Sein Staatsekretär David Gill | |
sagte aber nach einem Telefonat mit Gauck: „Der Bundespräsident ist dankbar | |
für die Klarstellung.“ | |
10 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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