# taz.de -- Kommentar Urteile des BVerfG: Die Würde der Rauflust | |
> Der Bundespräsident darf Nazis Spinner nennen, wenn er es für nötig hält. | |
> Doch bei seiner Wahl sollen alle brav den Mund halten. Das passt nicht. | |
Bild: Noch besser wäre, das BVerfG erlaubte auch, Joachim Gauck einen dauergri… | |
Der Bundespräsident darf Klartext reden, wenn es um die Verteidigung der | |
Demokratie geht. Er muss sich dabei nicht künstlich neutral ausdrücken, | |
sondern darf Nazis auch mal als Spinner bezeichnen oder die Bürger zu Demos | |
aufrufen. | |
Diese Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist zu begrüßen. | |
Alles andere wäre absurd. Ein Bundespräsident, der nur kraft seiner Worte | |
wirken kann, darf in der Wortwahl nicht durch kleinliche Vorgaben | |
beschnitten werden. Er muss klar sagen können, auf wen sich seine Kritik | |
bezieht. Und er muss deutliche Worte benutzen dürfen. | |
Im Ergebnis ist das Urteil also ein Erfolg für den rauflustigen | |
Bundespräsidenten Joachim Gauck, der sich nicht nur mit der NPD, sondern | |
auch schon mit der rechtspopulistischen AfD anlegte. Dass die Karlsruher | |
Richter so schnell eine mündliche Verhandlung ansetzten, kann man aber auch | |
als Warnung sehen, dass er es nicht übertreiben solle. | |
Im zweiten Verfahren, das Karlsruhe am Dienstag entschied, ging es | |
ebenfalls um den Bundespräsidenten. Bei dessen Wahl in der | |
Bundesversammlung sind Vorstellungsreden der Kandidaten verboten, | |
entsprechende Anträge sind zu ignorieren, entschied das Karlsruher Gericht. | |
Das gebiete die „Würde“ des Amtes. | |
Die beiden Urteile passen nicht recht zusammen. Einerseits darf der | |
Bundespräsident rauflustig auftreten, wenn er es für nötig hält. | |
Andererseits sollen bei seiner Wahl alle brav sein und den Mund halten. Die | |
Würde eines demokratischen Amtes sollte aber nicht von derartigen | |
undemokratischen Weihevorstellungen abhängen. | |
Dem Bundesverfassungsgericht ist hier jedoch kein Vorwurf zu machen. Es | |
steht nun mal im Grundgesetz, dass der Bundespräsident „ohne Aussprache“ | |
gewählt wird. Dieses vordemokratische Diskussionsverbot gehört aber | |
schleunigst abgeschafft. | |
10 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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