# taz.de -- EU-Linker Jürgen Klute über seine Partei: „Kein Unterschied zu … | |
> Bloßer Antikapitalismus sei nicht genug für Europa, sagt der linke | |
> EU-Parlamentarier Jürgen Klute: Die Linkspartei mache denselben Fehler | |
> wie die Kanzlerin. | |
Bild: Sieht bei Europa rot: Sarah Wagenknecht | |
taz: Herr Klute, Sie scheiden nach nur fünf Jahren aus dem Europäischen | |
Parlament aus, dabei haben Sie sich in Brüssel einen Namen gemacht. Zu | |
Ihren Erfolgen zählt, dass Sie das Recht auf ein Konto für jeden | |
starkgemacht haben. Warum machen Sie nicht weiter? | |
Jürgen Klute: Das hat auch mit den Erfolgen zu tun. „Recht auf Konto“ hilft | |
vielen Menschen – aber es ist nicht hundertprozentig antikapitalistisch. In | |
der Linkspartei aber sagen viele nur, „wir wollen das Kapital weghaben und | |
die EU gleich mit“ – und kritteln an der Arbeit der Europaabgeordneten | |
herum. | |
Ist das denn nicht nur eine Minderheit in der Linken? | |
Ja, aber in NRW, wo ich herkomme, dominiert dieser Ruf die Partei. Auch in | |
den übrigen Teilen der Partei wird die europäische Ebene bis heute zu wenig | |
ernst genommen. Man verkämpft sich in Abgrenzungen und hat wenig | |
Möglichkeit zu vermitteln. | |
Schon Lenin hat sich über den Linksradikalismus als Kinderkrankheit des | |
Sozialismus lustig gemacht … | |
Ja, aber bei den Linken ist das keine Kinderkrankheit, es ist chronisch! | |
Zudem möchten sich viele nur auf die inneren Probleme der Euro-Krisenländer | |
konzentrieren. Sie machen es auch nicht anders als Bundeskanzlerin Merkel | |
und lenken von der europäischen Dimension der Krise ab. Zwischen einigen | |
Linken und Merkel kann ich Unterschiede nur noch im Detail erkennen. | |
Über das Europaprogramm gibt es ja Streit bei den Linken – denkt die Partei | |
für Ihren Geschmack zu national? | |
Ja, auch wenn das niemand zugeben würde. Es wird damit begründet, dass die | |
europäische Integration kapitalistisch ist. Dabei hat das Projekt EU | |
durchaus positive Wirkungen. Es führt zu einer Zivilisierung von | |
Interessenkonflikten, die nun nicht mehr im Schützengraben ausgetragen | |
werden. Das ist ein enormer zivilisatorischer Fortschritt, den wir als | |
Friedenspartei würdigen und weiterentwickeln sollten. | |
Die EU ist aber auch eine neoliberale Wirtschaftsunion, wie sich in der | |
Eurokrise knallhart gezeigt hat. Ist sie ihrer Meinung nach denn überhaupt | |
noch reformierbar? | |
Als ich 2009 ins Europaparlament kam, hätte ich auch gesagt, dass die EU | |
immer neoliberaler wird. Vor allem Merkel will neoliberale Pflöcke | |
einschlagen. Aber hier in Brüssel gibt es auch Leute wie | |
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, der ist bestimmt kein Neoliberaler! | |
Und das Europaparlament hat den Kurs in einigen wichtigen Punkten | |
korrigiert. So konnten wir durchsetzen, dass bei der makroökonomischen | |
Überwachung der Euroländer auch Außenhandelsüberschüsse wie Deutschland sie | |
produziert berücksichtigt werden. Eine liberale Abgeordnete wie Sylvie | |
Goulard hat es geschafft, dass man über Eurobonds verhandelt! | |
Auch unser Bericht zur Troika zeigt, dass es im Europaparlament Widerspruch | |
zum neoliberalen Kurs gibt. Das ist zwar nicht das, was sich die Linke | |
unter Sozialismus vorstellt, aber es sind wichtige Schritt in Richtung | |
einer Alternative zur jetzigen EU. Wir sind gerade in einer kritischen | |
Phase, in einer Umbruchphase auf EU-Ebene, deshalb bin ich nicht | |
hoffnungslos. | |
Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach Brüssel? | |
Ich kann in die Evangelische Landeskirche zurückgehen, ich werde nicht | |
arbeitslos. Ich habe aber auch großen Spaß an der Arbeit hier. Wenn ich | |
etwas Passendes finde, bleibe ich gern in Brüssel. | |
12 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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