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# taz.de -- Facebook kauft WhatsApp: Es gibt kein Entkommen!
> An Google, Facebook & Co. führt kein Weg mehr vorbei. Auch wer andere
> Dienste nutzt, landet früher oder später in den Datenbanken der
> Netzkonzerne.
Bild: Whatsapp wird jetzt blau, facebook-blau.
Wie, Du hast kein Whatsapp? Vor zehn Jahren brauchte man auf dem Schulhof
noch den neuesten Jamba-Klingelton, um mitreden zu können. Heute ist man
von Gestern, wenn man auf seinem Handy kein Whatsapp installiert hat. Denn
inzwischen stellt das kleine Smartphone-Programm eine elementare Unterebene
der Kommunikation dar. Wer nicht mitmacht, wird auch gerne mal vergessen.
Zum Beispiel neulich bei Robert. Einladung per Whatsapp-Gruppe: „Hey lass
doch mal am samstag zusammen grillen. Um 8 bei mir?“ Die Gäste antworten
prompt. Dennis: „Ja auf jeden“, Fabian: „Korrekt“, Sarah: „Sorry ich …
nicht, bin schon auf nem geburtstag“. Erst am Grill merkt Robert, dass
einer kein Whatsapp hatte: Johannes. An Anrufe oder SMS hatte er nicht
gedacht. Technologische Lücke als soziale Ächtung.
Ursprünglich wollten zwei ehemalige Yahoo-Programmierer Smartphone-Nutzern
mit dem Programm nur ermöglichen, Geld für SMS und MMS zu sparen. Denn bei
Whatsapp werden die Nachrichten einfach über das mobile Internet des
Telefons verschickt.
Besonders nützlich ist das bei länderübergreifender Kommunikation: Ohne
Verzögerung und völlig kostenlos schreibt man Freunden auf der anderen
Seite der Weltkugel ein kurzes Update zur gestrigen Feier, dem Flirt von
letzter Woche oder dem Wetter in Berlin. Der Erfolg war programmiert:
Bereits drei Jahre nach der Firmengründung wurden über die Anwendung jeden
Tag zehn Milliarden Nachrichten verschickt.
## Notorisch datengierig
Nun wird Whatsapp blau, facebook-blau. Der notorisch datengierige
Internetkonzern hat am Donnerstag angekündigt, sich den notorisch
datengierigen Smartphone-Dienst einzuverleiben. Nachdem Google im April
2013 angeblich bereits eine Milliarde Dollar zahlen wollte, hat sich
Facebook bei seinem Angebot nicht lumpen lassen: 4 Milliarden Dollar und
Aktien im Wert von nochmal zwölf Milliarden lässt man sich den Deal kosten,
die Whatsapp-Gründer selbst erhalten zusätzlich nochmal Aktienpakete im
Wert von drei Milliarden Dollar.
Nur ein weiterer Schachzug von Mark Zuckerberg: Er verleibte seinem Konzern
bereits Fotodienste wie Instagram, Entwickler von Gesichtserkennung oder
Coupon-Dienstleister ein. Und jetzt: Whatsapp.
Doch was hat Facebook damit gewonnen? Möglicherweise bis zu 450 Millionen
neue Nutzer, sofern diese nicht sowieso schon bei Facebook angemeldet
waren. In jedem Fall aber rund 450 Millionen vollständige
Handy-Adressbücher. Und daraus abgeleitet ein ebenso riesiges wie
detailliertes Abbild sozialer Gruppen.
Mit solchen Abbildern kennt sich Facebook aus – schließlich weiß das
soziale Netzwerk bereits heute über seine Mitglieder: Wer kennt wen, wer
hat wem wann geschrieben, wem gefällt was. Gleicht man dieses Wissen mit
dem Datenbestand von Whatsapp ab, etwa anhand der bei Facebook hinterlegten
Mobilnummer, erweitert sich das Wissen des Konzerns um einen Großteil der
mobilen Kommunikation des Nutzers.
## Der Kunde als Produkt
In diesem Punkt sind sich die Konkurrenten Facebook und Google einig:
Wissen ist das Öl des digitalen Zeitalters. Beide Internetriesen erzielen
ihre Gewinne von jeher vor allem mit dem Schalten von, so das Versprechen,
zielsicherer Werbung. Egal, ob Google Mail, Google Plus, Youtube: Der
Nutzer ist nicht Kunde, sondern Produkt. Er wird automatisch kategorisiert
und vermarktet.
Deshalb kostet die Nutzung dieser Dienste auch keine Gebühren – der Nutzer
zahlt bereits. Andere haben das Potential erst spät erkannt und sind als
Nachzügler in das Geschäft mit der Datensammelei eingestiegen. Microsoft
etwa, der Software-Oldie aus Redmond. Erst elf Jahre nach Google stellte
die Firma von Bill Gates eine Internetsuchmaschine vor, mit der sich
Nutzerdaten sammeln lassen.
Am Ende bleiben im digitalen Zeitalter nicht mehr als drei Oligarchen:
Google, Facebook, Microsoft. Ihre marktbeherrschende Stellung nutzen die
US-amerikanischen Firmen vor allem dazu, erfolgversprechende oder
erfolgreiche Ideen aufzukaufen. Die ersten Nutzer, die Videos bei Youtube
veröffentlichten, wurden 2006 nach nur einem Jahr automatisch zu
Google-Nutzern.
Wer vor fünf Jahren das kleine Computerprogramm Skype nutzte, um kostenlos
über das Internet zu telefonieren, ist heute Microsoft-Kunde. Und wer auf
seinem Smartphone seine Aufnahmen mit dem Programm Instagram verschönerte,
dessen Fotos gehören heute Facebook.
## Kein Ausweg absehbar
Gibt es kein Entkommen vor der Datenkrake? Statt Whatsapp ließe sich auch
Threema nutzen, ein vergleichbarer Dienst, verschlüsselt, Firmensitz in der
Schweiz, unabhängig, bislang. Ein besserer Ausweg könnten Internetdienst
und Smartphone-Programme sein, die von nicht-kommerziellen Gruppen
entwickelt werden und deshalb auch nicht aufgekauft werden können.
Beispiele gibt es: Diaspora etwa ist nur eines von zahlreichen alternativen
sozialen Netzwerken; anders als Facebook kann es ohne einen zentralen
Firmenrechner genutzt werden.
Der Haken an solchen Alternativen: Kaum jemand nutzt sie. Jedenfalls nicht
der komplette Freundeskreis. Prompt führt der technologische Fortschritt
genauso zur sozialen Ächtung wie die technische Lücke. Ein tatsächlicher
Ausweg aus der Oligarchie des digitalen Zeitalters ist also nicht absehbar.
Im Gegenteil: Es zeichnet sich eher noch eine weitere Konzentration ab.
Das nächste potentielle Opfer könnte ähnlich prominent werden wie Whatsapp.
Seit der Kurznachrichtendienst Twitter im vergangenen Herbst an die Börse
gegangen ist, wird über eine baldige Übernahme durch ein größeres
Unternehmen spekuliert. Bereits im Jahr 2011 gab es laut Wall Street
Journal Angebote von zwei Interessenten: Google und Facebook.
20 Feb 2014
## AUTOREN
Thomas Schmid
Raphael Zelter
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Sebastian Edathy
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