Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Korruption in der Türkei: Erdogan will Facebook schließen
> Im Internet werden kompromittierende Telefonate des Premiers
> veröffentlicht. Nun will er gegen die entsprechenden Plattformen
> vorgehen.
Bild: Erdogan braucht kein Facebook, er hat auch so genug Freunde.
ISTANBUL taz | Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat in einem
Interview am Donnerstagabend angekündigt, dass für ihn mit der erst
kürzlich erfolgten Verabschiedung eines Internetzensurgesetzes das Ende der
Einschränkung der Sozialen Medien noch nicht erreicht ist.
„Wir werden auch nicht zögern Facebook und YouTube zu verbieten“ sagte
Erdogan im regierungsnahen Fernsehsender ATV, „wenn wir damit Schaden von
unserer Nation abwenden können“. „Wir werden dieses Land nicht auf Gedeih
und Verderb YouTube und Facebook ausliefern“, sondern nach den
Kommunalwahlen Ende März „die notwendigen Schritte mit aller Strenge
unternehmen“. Staatspräsident Abdullah Gül sagte allerdings am Freitag,
eine Totalsperre von Facebook und Youtube kämen mit ihm nicht infrage.
Der Hintergrund der Drohung, YouTube und Facebook möglicherweise
vorübergehend oder ganz zu schließen, sind Telefonmitschnitte, die seit dem
24. Februar regelmässig fast jeden Abend auf YouTube ins Netz gestellt
werden und die Erdogan allesamt in peinlicher Weise bloßstellen. Angefangen
von Gesprächen die er mit seinem Sohn darüber führt, wie Schmiergelder in
Millionen Höhe in Sicherheit gebracht werden können über Mitschnitte
Erdogans mit seinen Ministern darüber wie die Justiz auf Linie gebracht
werden kann, um Kritiker Erdogans zu bestrafen, lassen sie den Premier
allesamt als undemokratischen, machtgierigen Kleptokraten erscheinen.
Erdogan hat die Echtheit einiger Mitschnitte bestätigt, bei anderen
behauptet er, sie seinen fabriziert, um ihn politisch zu vernichten.
Allesamt sollen diese illegalen Telefonmitschnitte bei denen auch
gesicherte Leitungen geknackt wurden, von der islamischen Gülen Gemeinde
ins Netz gestellt worden sein, deren geistiges Oberhaupt im selbstgewählten
Exil in den USA lebt, weswegen Erdogan immer wieder auch von Angriffen aus
dem Ausland redet.
Ursprünglich hatte Erdogan gehofft, die Telefonmitschnitte verhindern zu
können, indem das Internetgesetz so verschärft wurde, dass die staatliche
Telekommunikationsbehörde auch ohne richterliche Anordnung nach eigenem
Gusto einzelne Seiten im Netz sperren darf. Ganz offensichtlich gelingt es
den Bürokraten jedoch nicht, die Mitschnitte zu verhindern, weswegen
Erdogan jetzt eben YouTube gleich ganz verbieten will.
Über den aktuellen Konflikt hinaus, sind dem Ministerpräsident die sozialen
Medien aber schon länger ein Dorn im Auge. Während die Medien in den ersten
Jahren der Erdogan Herrschaft noch relativ frei wahren, hat die Regierung
unter seiner Führung die Meinungsfreiheit in der Türkei immer weiter
eingeschränkt. Durch Verbote, Einschüchterungen und ökonomische Pressionen
wurden zunächst die Fernsehanstalten und großen Printmedien auf Linie
gebracht, danach die Journalisten kleinerer linker oder pro-kurdischer
Medien ins Gefängnis geworfen und so die öffentliche Kritik an Erdogan fast
unmöglich gemacht.
Der Ausweg für den Erdogan kritischen Teil der türkischen Bevölkerung waren
dann Facebook, Twitter und YouTube. Vor allem im letzten Sommer während der
Proteste rund um den Gezi Park verständigte sich die Bewegung fast nur noch
über Twitter oder Facebook, was die Regweirung schon damals dazu brachte,
angestrengt darüber nachzudenken, wie man auch diese Medien unter Kontrolle
bringen könnte. Gelungen ist ihnen bislang nicht.
7 Mar 2014
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Youtube
Schwerpunkt Meta
Wladimir Putin
Victoria Nuland
Twitter / X
Schwerpunkt Türkei
Istanbul
Recep Tayyip Erdoğan
Istanbul
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Recep Tayyip Erdoğan
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Korruption
Recep Tayyip Erdoğan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Meinungsfreiheit in Russland: Putin verschärft Internetkontrolle
Am Freitag tritt ein Gesetz in Kraft, das die Internetzensur weiter
ausbaut. Blogger dürfen nicht mehr anonym sein. Kritische Äußerungen sind
verboten.
Internetzensur in Bundeseinrichtungen: Absofuckinglutely pornofrei
Das Video „Fuck the EU“ kennt fast jeder – doch auf den Rechnern von
Staatsbediensteten ist es gesperrt. Die Linksfraktion will Aufklärung.
EU-Politiker Schulz kritisiert Türkei: Gemeinschaft nur mit Gezwitscher
SPD-Politiker Schulz und die USA kritisieren Ministerpräsident Erdogan für
die Sperrung von Twitter. Dessen Regierung führt Gespräche mit dem Dienst.
Abgehörte Telefonate in der Türkei: Erdogan erstattet Strafanzeige
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Oppositionschef Kilicdaroglu, weil
er abgehörte Telefonate veröffentlicht hat. Geklärt werden soll auch, ob
die Gespräche echt sind.
Proteste und Polizeigewalt in der Türkei: Trauerzug der Hunderttausend
Nach dem Tod von Berkin Elvan erfasst ein Aufschrei das ganze Land. Die Wut
auf Erdogan ist größer als je zuvor. In Istanbul gibt es erneut
Ausschreitungen.
Facebook und Youtube in der Türkei: Erdogan will doch nicht sperren
Heikle Mitschnitte auf Youtube setzen Regierungschef Erdogan unter Druck.
Vergangene Woche drohte er soziale Netzwerke sperren zu lassen, nun rudert
er zurück.
Proteste in der Türkei: Das jüngste Gezi-Opfer
Nach 269 Tagen im Koma ist der 15-jährige Berkin Elvan gestorben. Er wurde
am Rande der Gezi-Proteste von einer Tränengaspatrone getroffen.
Korruption in der türkischen Regierung: Schmiergelder in Millionenhöhe
Telefonisch beklagt sich der Ex-Wirtschaftsminister der Türkei über
ausbleibende Schmiergelder. Premier Erdogan spricht von einem
„Attentatsversuch“ der Justiz.
Netzschau Erdogan: „Dann gehen wir halt auf die Straße“
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will im Internet
einmarschieren. Was sagt das Internet dazu? Es protestiert und – lacht.
Gesprächsmitschnitte auf YouTube: Erdogan gibt Telefonate zu
Erdogan hat die Echtheit von zwei der veröffentlichten Telefonate
bestätigt. Im Fall einer Niederlage bei den Kommunalwahlen will er
zurücktreten.
Neue Vorwürfe gegen Erdogan: „Kümmern Sie sich darum“
Ein neuer angeblicher Telefonmitschnitt des türkischen Regierungschefs
Erdogan ist aufgetaucht. Darin möchte er einen Medienboss verurteilt sehen.
Machtkampf in der Türkei: Gülen-Schulen sollen schließen
Die Parlamentsdebatte wurde teilweise mit Fäusten geführt. Nun sollen in
der Türkei rund 4.000 Schulen des Erdogan-Rivalen Fethullah Gülen
dichtgemacht werden.
Machtkampf in der Türkei: Die Hybris von Erdogan
Gebeutelt von Korruption und Abhörskandal: Die Kommunalwahlen Ende März
drohen zu einem Referendum über den Regierungschef zu werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.