# taz.de -- Machtkampf in der Türkei: Gülen-Schulen sollen schließen | |
> Die Parlamentsdebatte wurde teilweise mit Fäusten geführt. Nun sollen in | |
> der Türkei rund 4.000 Schulen des Erdogan-Rivalen Fethullah Gülen | |
> dichtgemacht werden. | |
Bild: Lautsprecher: Recep Tayyip Erdogan | |
ANKARA afp | Das türkische Parlament hat die Schließung von tausenden | |
Privatschulen beschlossen, die von einem Rivalen des Ministerpräsidenten | |
Recep Tayyip Erdogan kontrolliert werden. 226 Abgeordnete stimmten in der | |
Nacht zum Samstag in Ankara für die Regierungsvorlage, nur 22 dagegen. | |
Betroffen sind etwa 4.000 Schulen, die von der Bewegung des in den USA | |
lebenden islamistischen Predigers Fethullah Gülen in der Türkei gegründet | |
wurden. | |
Dem Beschluss zufolge müssen die Einrichtungen bis zum 1. September 2015 | |
ihren Betrieb einstellen. Dem Votum ging eine hitzige Parlamentsdebatte | |
voraus, bei der sich am Freitag mehrere Abgeordnete eine Schlägerei | |
lieferten. Ein Abgeordneter der oppositionellen Republikanischen | |
Volkspartei (CHP) wurde von einem Faustschlag mitten ins Gesicht getroffen | |
und musste im Krankenhaus behandelt werden. | |
Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Denizli im Südwesten des Landes | |
verteidigte Erdogan am Samstag die geplante Schließung der Gülen-Schulen. | |
„Holt eure Kinder von ihren Schulen“, rief er der Menge aus politischen | |
Anhängern zu. „Staatliche Schulen sind ausreichend für euch.“ Schon zuvor | |
hatte Erdogan kritisiert, dass das Gülen-Netzwerk vor allem „Kindern | |
reicher Familien in den großen Städten“ zugute komme. | |
Erdogan und sein einstiger Verbündeter Gülen liefern sich seit längerem | |
einen heftigen Machtkampf, der im November offen ausbrach. Auslöser war | |
Erdogans Entscheidung, die privaten Schulen abzuschaffen, die für Gülens | |
Hizmet-Bewegung eine wichtige Einnahmequelle darstellen. Gülens Bewegung | |
wird eine zentrale Rolle in der Korruptionsaffäre zugeschrieben, die | |
derzeit Erdogans Regierung erschüttert. Der Ministerpräsident sieht darin | |
den Versuch des Rivalen, seine Regierung zu stürzen. Die Hizmet-Bewegung | |
hat in der türkischen Justiz und Polizei viele Anhänger, Gülen selbst lebt | |
seit 1999 in den USA. | |
## Eingriff in die Gewaltenteilung | |
Erdogan ließ seit Bekanntwerden der Vorwürfe mehrere tausend Polizisten, | |
Richter und Staatsanwälte zwangsversetzen. Gleichzeitig boxte er ein neues | |
Justizgesetz durch das Parlament, das den Einfluss des Justizministeriums | |
bei der Auswahl von Richtern und Staatsanwälten stärkt. Die Opposition | |
spricht von einem Eingriff in das Prinzip der Gewaltenteilung. Auch die | |
Europäische Union äußerte Bedenken. Die CHP rief am Freitag das | |
Verfassungsgericht mit dem Ziel an, das Gesetz für verfassungswidrig | |
erklären zu lassen. | |
Demonstranten fordern wegen der Korruptionsvorwürfe seit Wochen den | |
Rücktritt der Regierung. Auch am Samstag gingen in der Hauptstadt Ankara | |
wieder 600 Menschen auf die Straße. Der Druck auf Erdogan war zuletzt durch | |
angebliche Telefonmitschnitte weiter gestiegen. Darin soll er seinen Sohn | |
aufgefordert haben, einen großen Bargeldbetrag vor der Staatsanwaltschaft | |
zu verstecken. | |
2 Mar 2014 | |
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