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# taz.de -- Ermittlungen gegen Nicolas Sarkozy: Ein ganz gewöhnlicher Bürger
> Der frühere Präsident ist wegen Korruptionsvorwürfen abgehört worden.
> Sarkozy seinerseits scheint an der Arbeit der Justiz äußert interessiert
> zu sein.
Bild: Hier wird nicht geheim getuschelt: Sarkozy telefoniert, viele hören zu.
PARIS taz | Die Zeitung Le Monde berichtete am Wochenende von spektakulären
Methoden der französischen Justiz, die gegen den früheren Staatspräsidenten
Nicolas Sarkozy wegen mutmaßlicher Bestechung eines Generalstaatsanwalts
des Kassationsgerichts ermittelt. Sarkozy selber, sein persönlicher
Assistent Michel Gaudin (ein Expolizeipräfekt) und zwei seiner ehemaligen
Innenminister, Claude Guéant und Brice Hortefeux, sind laut diesem Bericht
auf richterliche Anordnung hin ab April 2013 telefonisch abgehört worden.
Die französische Justiz will Sarkozy an den Kragen. Ausgangspunkt der
außergewöhnlichen richterlichen Abhöraktion war der dringende Verdacht,
dass sich der Exstaatschef dank seiner Verbindungen über die gegen ihn
laufenden Ermittlungen, vor allem wegen angeblicher Wahlfinanzierung 2007
durch den libyschen Diktator Gaddafi, aber auch wegen Unterschlagung
öffentlicher Gelder für Umfragen im eigenen Interesse, mutmaßlicher
Begünstigung von Bernard Tapie im Streit um den Adidas-Verkauf sowie
Wahlspenden in der Affäre um die Milliardärin Liliane Bettencourt aus
erster Hand informieren ließ, um einen Einfluss auf die Prozedur auszuüben.
Dass sich Sarkozy intensiv für die Arbeit der Richter und deren
Ermittlungen gegen ihn interessiert hat, ist nicht neu. Als Präsident ließ
er es sich nicht nehmen, die Schlüsselposten der Justiz selber zu besetzen.
Doch seit seiner Niederlage im Mai 2012 ist Sarkozy ein gewöhnlicher
Bürger. Nichts verbietet es der Justiz, mit richterlicher Zustimmung seine
Telefongespräche zu überwachen oder gegen ihn zu ermitteln.
Die heutige Linksregierung lässt mit offensichtlicher Schadenfreude die
Justiz gewähren. Zusätzlich zu den bereits offenen Dossiers haben zwei
frisch ernannte Untersuchungsrichter der neuen Justizbehörde für
Finanzdelikte aufgrund der Telefonüberwachung eine Voruntersuchung wegen
Korruption und Machtmissbrauch eingeleitet.
## Anonyme Prepaidkarten bringen nichts
Die richterliche Abhöraktionen hatten schnell erste Konsequenzen: Der Chef
der Pariser Kriminalpolizei, Christian Flaesch, versuchte dreimal seinen
früheren Chef, Exinnenminister Hortefeux, per Telefon zu warnen.
Dummerweise wurden seine Anrufe aufgezeichnet. Flaesch musste seinen
Rücktritt einreichen. Sarkozy war misstrauisch geworden, und ausgerechnet
seine Vorsicht hat ihn verdächtig gemacht: Sarkozy und sein Anwalt Herzog
besorgten sich anonyme Prepaid-Mobiltelefone, um ungestört sprechen zu
können. Ungeschickterweise sagten sie mehrmals auf der normalen Linie: „Ich
rufe in zehn Minuten zurück.“ So kam die Polizei ihnen auf die Spur.
Hat Sarkozy dabei zu viel ausgeplaudert? Laut Le Monde werden Herzog und er
verdächtigt, einem Mitglied der höchsten Justizbehörden, dem
Generalstaatsanwalt des Kassationshofs, Gilbert Azibert, als Gegenleistung
für die Informationen nach seiner Pensionierung einen Posten als Staatsrat
in Monaco versprochen zu haben.
Die Wohnung und das Büro dieses Magistrats, der über Intranet Zugang zu
allen internen Informationen des Kassationsgerichts hat, wurden ebenfalls
durchsucht. Azibert bekam den Traumjob im Fürstentum nicht, aber an den
Vermittlungsbemühungen soll es nicht gelegen haben. Den Ermittlern war
nicht entgangen, dass Sarkozy und sein Anwalt Ende Februar eine ganze Woche
lang im Fürstentum an der Côte d’Azur weilten – angeblich zur Kur.
Die Zeitung Le Figaro meint sogar, gegen den Expräsidenten würden Methoden
verwendet, wie sie sonst bei der Polizei nur im Kampf gegen das
organisierte Verbrechen üblich seien. Eine Gruppe von Advokaten hat
protestiert, mit dem Abhören von Sarkozys Gesprächen mit seinem Anwalt
Herzog würden Grundrechte der Verteidigung infrage gestellt. Dieser sieht
in diesen Verdächtigungen einen „politischen Coup“, der darauf abziele,
seinem Klienten zu schaden. Laut Umfragen diskreditieren die neuen
Verdachtsmomente in den Augen der Franzosen weniger Sarkozy direkt als die
französischen Politiker generell.
9 Mar 2014
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Nicolas Sarkozy
Schwerpunkt Korruption
Justiz
Telefonüberwachung
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Monaco
Christine Lagarde
Schwerpunkt Frankreich
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