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# taz.de -- Die EU hilft der Versicherungsbranche: Milliarden auf Verbraucherko…
> Die Lobbyarbeit in Brüssel und Berlin war erfolgreich:
> Lebensversicherungen dürfen ihren Kunden künftig weniger zahlen.
Bild: Wer sichert hier wen?
HAMBURG taz | Die Europäische Union greift den von Niedrigzinssätzen
geschwächten Lebensversicherern unter die Arme. Mit einer breiten Mehrheit
von 560 zu 133 stimmte das Europaparlament am Dienstag einer von der
Versicherungswirtschaft geforderten Entlastung um schätzungsweise mehr als
200 Milliarden Euro zu. Auch die Bundesregierung in Berlin bringt ein
Hilfspaket auf den Weg. Auf Kosten der Versicherten, befürchten Kritiker.
Konservative, Liberale und Sozialdemokraten stimmten im Europaparlament am
Dienstag für eine Solvency-II-Regelung, die den Positionen der
Versicherungswirtschaft näher steht als denen der Verbraucherschützer. Wie
bei den Banken „Basel III“ soll das Sicherheitspaket „Solvency II“
eigentlich dafür sorgen, dass die Assekuranz sicherer wird. Wenigstens
Giganten wie Allianz oder Axa gelten als „systemrelevant“. Aber auch eine
Pleite kleinerer Unternehmen könnte Abertausende Rentner hart treffen.
Strittig ist vor allem, in welcher Höhe Kapitalanlagen verbucht und wie
viele langfristige Rücklagen gebildet werden müssen. Der nun vom Parlament
abgesegnete Gestaltungsspielraum dürfte zunächst Kunden, deren Verträge in
nächster Zeit auslaufen, viel Geld kosten, weil sie weniger
Überschussbeteiligung erhalten. Ob sich über diese geringeren
Ausschüttungen später die verbliebenen Versicherten oder doch die Konzerne
und ihre Aktionäre freuen können, muss sich zeigen.
Der Versicherungsverband GDV begrüßte am Mittwoch auf seiner
Jahrespressekonferenz in Berlin die Brüsseler Entscheidung: So dürften die
Unternehmen ihre Risiken künftig nach „eigenen internen Modellen“
berechnen. Dagegen sieht der Wirtschaftswissenschaftler und
finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold,
einen Triumph „der jahrelangen Lobbyarbeit“. Die EU beschere den
Versicherungsunternehmen eine Entlastung von „unglaublichen“ 267 Milliarden
Euro.
## Das Geld bleibt im Topf der Versicherung
Die Übergangsfrist für wichtige Sicherheitsaspekte wurde auf 16 Jahre
verlängert, und Solvency II lässt viel Spielraum. Spielraum, den auch die
Große Koalition in Berlin nutzen will. Sie kündigte in dieser Woche
Entlastungen unter anderem bei den Bewertungsreserven an.
Zur Erklärung: Ihre Kapitalanlagen von nominal 1.157 Milliarden Euro buchen
deutsche Versicherer zu einem Betrag unterhalb des tatsächlichen Marktwerts
– übrig bleiben üppige stille Reserven. Verbraucher können sich jetzt
darauf einstellen, dass sie an diesen stillen Reserven künftig nicht mehr
zur Hälfte beteiligt werden. Das hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble
(CDU) bereits im November angekündigt. Auch hier geht es um Milliarden
Euro, die im großen Topf bleiben sollen, statt sie an Kunden auszuzahlen.
Außerdem dürfte Schäuble die den Versicherten garantierte
Mindestverzinsung, die einmal bei 4 Prozent lag, im kommenden Jahr auf 1,25
Prozent absenken. Der Verbraucherschützerverband VZBV hatte schon zuvor
hart kritisiert: „Verbraucher sollen Versicherer sanieren.“
12 Mar 2014
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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