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# taz.de -- Urteil zu Zugangsprovidern: Netzsperren ja – aber bitte präzise
> Der Europäische Gerichtshof hält das Blockieren von illegalen Filmseiten
> wie kino.to für zulässig. Das dürfe aber legale Angebote nicht
> beeinträchtigen.
Bild: Provider können zu Netzsperren verpflichtet werden.
KARLSRUHE taz | Internetprovider können verpflichtet werden, Seiten mit
illegalen Film- und Musikangeboten zu sperren. Rechtmäßige Zugriffe aufs
Internet dürfen dabei aber nicht beeinträchtigt werden. Dies entschied
jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Fall aus Österreich, der
grundsätzliche Bedeutung hat.
Konkret ging es um die Seite kino.to. Zu ihren besten Zeiten luden sich
dort täglich hunderttausende Internetnutzer illegal angebotene Filme und
Serien herunter. Seit Juni 2011 ist kino.to vom Netz, die Verantwortlichen
wurden strafrechtlich verurteilt.
Im Mai 2011, als kino.to noch aktiv war, untersagte das Wiener
Handelsgericht dem österreichischen Internetprovider UPC, seinen Kunden
weiter den Zugang zu kino.to zu vermitteln. Das hatten betroffenen
Filmfirmen beantragt. UPC protestierte, man habe mit kino.to doch gar
nichts zu tun. Der Oberste Gerichtshof Österreichs legte dann dem EuGH die
Frage vor, ob solche Websperren auch bei reinen Zugangsprovidern möglich
sind.
Auszulegen war dabei die EU-Urheberrechts-Richtlinie von 2001. Danach
können Rechteinhaber gerichtliche Anordnungen gegen „Vermittler“
beantragen, wenn deren Dienste zur Verletzung von Urheberrechten genutzt
werden.
## „Hohes Schutzniveau“ für Urheberrechte
Bisher hatte der EuGH nur entschieden, dass gegen Provider vorgegangen
werden kann, auf deren Servern die rechtswidrigen Inhalte liegen
(sogenannte Host-Provider). Auch gegen Tauschnetzwerke, bei denen die
Teilnehmer illegale Inhalte zugleich hoch- und runterladen, konnte
vorgegangen werden.
In seinem neuen Urteil entschied der EuGH nun, dass auch Zugangsprovider
wie UPC als „Vermittler“ gelten und zu Maßnahmen verpflichtet werden
können. Dass UPC keine Geschäftsbeziehung mit kino.to hatte, sei
unerheblich, so die Richter, denn die Richtlinie fordere ein „hohes
Schutzniveau“ für die Urheberrechte. Es müsse auch nicht nachgewiesen
werden, dass UPC-Kunden sich bei kino.to bedient hatten. Die Richtlinie
verfolge auch „präventive“ Zwecke, so die Richter.
Der EuGH stellt allerdings fest, dass nicht nur die Grundrechte der
Filmfirmen geschützt werden müssen, sondern auch die der Internetanbieter
und -nutzer. Die kollidierenden Grundrechte müssten zu einem „angemessenen
Ausgleich“ gebracht werden. So können Internetfirmen nur zu „zumutbaren“
Sperrmaßnahmen verpflichtet werden.
Das heißt wohl, dass von den Providern keine besonders teuren oder
aufwändigen Sperrmaßnahmen verlangt werden können. Nähere Vorgaben zu den
Sperrmethoden machte der EuGH nicht. Was „zumutbar“ ist, müssen nun die
nationalen Gerichte entscheiden.
Eine für die Internetnutzer wichtige Ansage machte der EuGH dann aber doch
noch. Sperren illegaler Seiten dürfen nicht dazu führen, dass die Nutzer
beim Zugriff auf legale Angebote beeinträchtigt werden. Sperren müssen also
präzise sein. Ein „overblocking“ macht die Sperre unzulässig.
Die Filmfirmen können von den Internetprovidern also nicht unbedingt
verlangen, dass Seiten wie kino.to vollständig gesperrt werden. Wenn dies
nur unter Beeinträchtigung der Internetkunden möglich ist, müssen Methoden
genügen, die den Zugang zu illegalen Seiten lediglich „erschweren“, so der
EuGH.
Nach bisheriger deutscher Rechtsprechung ist die Haftung von
Zugangsprovidern ausgeschlossen“, erklärte der Provider-Verband eco im
Vorfeld.
27 Mar 2014
## AUTOREN
Christian Rath
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Europäischer Gerichtshof
Urteil
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Schwerpunkt Urheberrecht
Filesharing
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