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# taz.de -- Präsidentschaftswahl Ukraine: Schoko-Hase soll das Land führen
> Petro Poroschenko hat gute Chancen auf das ukrainische Präsidentenamt.
> Der Schokoladen-Oligarch fällt vor allem durch seine politische
> Wendigkeit auf.
Bild: Schoko-King Poroschenko.
BERLIN taz | Der ukrainische Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko ist stets
für eine Überraschung gut. Das war auch am Samstag so. Auf dem Parteitag
seiner Udar in Kiew zog er seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen
am 25. Mai zugunsten des Schokoladen-Oligarchen Petro Poroschenko zurück.
Es gelte, einen Kandidaten zu unterstützen, der die größte Zustimmung in
der Bevölkerung und damit Chancen auf einen Sieg habe. „Das ist Petro
Poroschenko. Die demokratischen Kräfte müssen sich vereinigen. Wir dürfen
nicht um Posten kämpfen, sondern müssen alles für die Zukunft unseres
Landes tun“, sagte Klitschko.
Wer ist der Mann, dem jüngsten Umfragen zufolge 25 Prozent der Wähler ihre
Stimmen geben wollen? Und dessen Vermögen das US-Magazin Forbes 2013 auf
eine Milliarde Euro bezifferte? Ginge es nach den Produkten der Firma
Roshen, winken der Ukraine eine süße Zukunft und beste Beziehungen zum
russischen Nachbarn. Poroschenkos Schokoladenerzeugnisse überzeugen
Ukrainer wie Russen gleichermaßen durch ihren hohen Kakaoanteil und die
wenigen Zusatzstoffe. Als Lieblingssorte in Kiew gilt die „Kirsche im
Schokoladenmantel“.
Für einen politischen Neuanfang steht der 48-jährige bullige Poroschenko
dagegen nicht. Den Grundstein für seinen wirtschaftlichen Aufstieg legte
der Fachmann für internationale Ökonomie in den 1990er Jahren. Zunächst
handelte er mit Kakaobohnen, dann erwarb er mehrere Süßwarenfabriken, die
er zu dem Giganten Roshen verschmolz. Das Unternehmen produziert jährlich
450.000 Tonnen Pralinen und macht 40 Prozent seines Umsatzes in Russland.
Im Sommer vergangenen Jahres verhängte Moskau gegen Roshen-Waren einen
Importstopp, um so vor der geplanten Unterzeichnung eines
EU-Assoziierungsabkommens Druck auszuüben.
Außer Roshen gehören Poroschenko auch noch ein Autowerk, eine Werft sowie
der Fernsehsender Kanal 5. Dieser spielte während der Orangen Revolution
2004 eine zentrale Rolle. Doch Poroschenko agiert nicht nur als
Wirtschaftskapitän. Parallel bastelte er an seiner politischen Karriere und
erwies sich dabei als erstaunlich flexibel. Deshalb nennen viele Ukrainer
den „Schokoladenkönig“ auch spöttisch den „Schoko-Hasen“, der es immer
wieder versteht, völlig unerwartete Haken zu schlagen.
## Wechsel zur Opposition
2000 war Poroschenko einer der Gründer der „Partei der Regionen“ des im
Februar gestürzten Staatschefs Wiktor Janukowitsch. Als der 2004 nach
dreist gefälschten Wahlen in den Präsidentenpalast einziehen wollte und
damit die Orangen Revolution auslöste, hatte Poroschenko schon längst das
Weite gesucht und war auf die Seite der Opposition gewechselt. 2005 wurde
er unter Präsident Wiktor Juschtschenko Chef des Nationalen
Sicherheitsrats, 2009 für einige Monate Außenminister.
Drei Jahre später glitt er unter dem zwei Jahre zuvor gewählten
Janukowitsch geschmeidig auf den Posten des Wirtschaftsministers. Ein Jahr
später überlegte er es sich wieder einmal anders und unterstützte die
Protestbewegung auf dem Maidan – gegen Janukowitsch. Im Falle seiner Wahl
wolle er in seine Regierung auch Repräsentanten des russischsprachigen
Ostens und Südens aufnehmen, sagte Poroschenko am vergangenen Freitag.
Außerdem müsse eine moderne und effiziente Armee geschaffen werden, die die
Souveränität und territoriale Integrität des Staates verteidigen könne.
Für den Kiewer Politologen Wladimir Fessenko ist Poroschenko im Vergleich
zu allen anderen Kandidaten noch am ehesten ein Mann des Konsenses. „Viele
Menschen in der Ukraine wollen einen erfahrenen Krisenmanager an der Spitze
des Staates. Poroschenko hat Regierungserfahrung und wird gleichzeitig als
erfolgreicher Geschäftsmann angesehen“, sagt er. Auch Gleb Vakoljuk,
Journalist aus Lemberg im Westen des Landes, will seine Stimme dem
Oligarchen geben. Poroschenko sei noch am ehesten in der Lage, das Land zu
einen. „Aber abgesehen davon“, sagt Vakoljuk „gibt es leider keine ernst …
nehmende Alternative.“
30 Mar 2014
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Präsidentschaftswahl
Ukraine
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