# taz.de -- Regierungsumbildung in Frankreich: Hollandes letzter Trumpf | |
> Nach der Kommunalwahl handelt Frankreichs Präsident und kündigt | |
> politische Veränderungen an. Der neue Premier ist bei Linken jedoch | |
> umstritten. | |
Bild: Gilt als Hardliner: Frankreichs neuer Premier Manuel Valls. | |
PARIS taz | Kommunizieren, das ist eine der Stärken des neuen | |
Premierministers. Als Innenminister war er – zusammen mit Außenminister | |
Laurent Fabius – das populärste Regierungsmitglied. Manuel Valls (51) hat | |
von Staatspräsident François Hollande den Auftrag erhalten, ein neues | |
Ministerkabinett zu bilden. „Gestrafft, kohärent und zusammengeschweißt“ | |
soll das Team von Valls sein. | |
Hollande benutzte den Begriff einer „Kampfregierung“, der freilich in | |
Frankreich so abgenutzt ist, dass er bereits als Klischee gelten muss. Aber | |
die guten Absichten scheinen echt zu sein. Der Staatspräsident sagte am | |
Fernsehen, er habe die Botschaft der Wähler verstanden: „Zu wenig | |
Änderungen und zu viel Langsamkeit. Zu wenig Beschäftigung, zu viel | |
Arbeitslosigkeit. Zu wenig soziale Gerechtigkeit, zu viele Steuern. Zu | |
wenig Effizienz der Regierungspolitik und in Folge Zweifel an der Fähigkeit | |
des Landes, trotz seiner Stärken aus der Krise herauszukommen.“ | |
Das tönte schon fast ein wenig nach einem Schuldbekenntnis. Doch in | |
Wirklichkeit will der französische Präsident den eingeschlagenen Kurs nicht | |
ändern, sondern das Tempo beschleunigen. Die Aufgabe der neuen Regierung, | |
deren personelle Zusammensetzung voraussichtlich am Mittwoch bekanntgegeben | |
wird, soll vor allem sein, den mehr als skeptischen Bürgern und Bürgerinnen | |
die Sache besser zu erklären. War das Wahldebakel vom Sonntag also die | |
Folge eines Missverständnisses? | |
Valls' Sicherheitspolitik, die in vielen Punkten an den Vorgänger Nicolas | |
Sarkozy erinnerte, seine Kritik am geplanten Ausländerstimmrecht auf | |
lokaler Ebene und selbst seine Äußerungen zum angeblich mangelnden | |
Integrationswillen der Roma kamen in eher in rechten Wählerkreisen gut an. | |
Ironisch meinte La Dépêche du Midi die Berufung von Valls durch den in | |
Bedrängnis geratenen Hollande sei ein wenig wie ein „Notruf bei der | |
Polizei“. | |
## Viele innerparteiliche Gegner | |
Auch für viele Linke ist Valls einfach als oberster Chef der Polizei | |
schlicht ein Hardliner. Als Sozialliberaler des rechten Flügels bei den | |
Sozialisten hat er in der eigenen Partei viele Gegner. Auch die Grünen | |
(Europe Ecologie Les Verts) zögern bei der Erneuerung der Koalition: Die | |
ehemalige Parteichefin und bisherige Wohnungsministerin Cécile Duflot hatte | |
gesagt, mit Valls als Premier werde sie nicht in der Regierung bleiben. | |
In den Medien wird unterstrichen, dass Hollande mit der Regierungsumbildung | |
drei Jahre vor dem Ende seines Mandats bereits seine letzte Karte ausspiele | |
und dass Valls sein einziger „Joker“ sei, den er kein zweites Mal verwenden | |
könne. | |
Der gebürtige Katalane ist ehrgeizig. Er hatte sich neben Hollande und | |
anderen im Herbst 2011 bei den internen Primärwahlen um die sozialistische | |
Präsidentschaftskandidatur beworben. Er bekam zwar nur 6 Prozent der | |
Stimmen, fiel aber durch sein gewandtes Auftreten auf und wurde darum zu | |
Hollandes Kampagnensprecher. Er macht seit Längerem kein Geheimnis daraus, | |
dass er 2017 wieder antreten will. | |
Für Valls ist das gewöhnlich undankbare Amt des Regierungschefs ein | |
doppeltes Risiko. Falls er scheitert, kann er auch seine Ambitionen für die | |
Präsidentschaft (als potenzieller Rivale von Hollande) vorerst begraben. | |
Gehört das womöglich zu Hollandes Hintergedanken, fragen sich manche | |
Zeitungen: Le Figaro fühlt sich an François Mitterrand erinnert, der 1988 | |
seinen Konkurrenten Michel Rocard durch die Nominierung zum Regierungschef | |
definitiv in den Schatten stellte. Solche politischen Kriegsspiele sind | |
jedoch die geringste Sorge der französischen WählerInnen. | |
1 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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