| # taz.de -- Kommunale Wahlen in Frankreich: Alle helfen der Front National | |
| > Die Erfolge der Rechtspopulisten lassen sich nicht auf die | |
| > Wahlbeteiligung abschieben. Am Sonntag könnten einige weitere | |
| > Bürgermeisterposten folgen. | |
| Bild: „Der Junge“: Steeve Briois wird in der Wahlnacht von Anhängerinnen g… | |
| BERLIN taz | Am Sonntag läuft die entscheidende zweite Runde der | |
| französischen Kommunalwahlen. Dabei wollen alle wissen, ob der | |
| rechtspopulistischen Front National mit ihrer Vorsitzenden Marine Le Pen | |
| der Einzug in die Bürgermeisterämter gelingt. Die Front tritt nur in 600 | |
| von 36.000 Dörfern und Städten an. Sie schaffte es aber in 17 Kommunen, | |
| stärkste Kraft zu sein. | |
| In der 27.000-Einwohner-Stadt Hénin-Beaumont im ehemaligen Bergwerksgebiet | |
| ganz im Norden des Landes lag die Partei gar knapp über 50 Prozent und | |
| stellt damit dort ihren derzeit eizigen Bürgermeister. Es ist der Wahlkreis | |
| von Le Pen bei nationalen Wahlen und der vom Gemeinderat noch zu wählende | |
| Bürgermeister heißt Steve Briois, ist Generalsekretär der Front National | |
| (FN) und bezeichnet sich als „Junge von hier“ und „Kind des Landes“. | |
| Die Linke dachte schon, Briois' Kampagne würde sich in Widersprüche | |
| verstricken, als er Ende vergangenen Jahres in einem Buch als schwul | |
| zwangsgeoutet wurde - wo doch seine Partei gegen die Homoehe agitiert. | |
| Genügend Stimmen hatte er vergangenen Sonntag trotzdem. | |
| Manche Wahlforscher redeten sich die hohen Wahlergebnisse der extremen | |
| Rechten anfangs noch mit der niedrigen Wahlbeteiligung schön: Da die | |
| Franzosen insgesamt mit ihrem Präsidenten François Hollande so unzufrieden | |
| sind wie noch mit keinem seiner Vorgänger, würden vor allem die linken | |
| Wähler zu Hause bleiben und so auf dem Papier die Stimmen der Rechten | |
| prozentual stärker erscheinen lassen, ging die Argumentation. Die absolute | |
| Stimmenzahl etwa der Front National sei gar nicht so sehr gestiegen im | |
| Verhältnis zu den letzten Wahlen im Jahr 2008. | |
| Die Endergebnisse der ersten Runde sahen aber dann doch anders aus: 36,5 | |
| Prozent der Wähler bleiben vor einer Woche zu Hause. Im Jahr 2008 lag die | |
| Beteiligung zwar höher. Aber auch da betrieben schon 33,5 Prozent | |
| „l'abstention“, wie die Wahlenthaltung auf Französisch heißt. Selbst wenn | |
| die zusätzlichen drei Prozent Abstinentler alle Linkswähler gewesen sein | |
| sollten, erklärt das nicht eine Verfünffachung der Stimmen für die Front | |
| National auf knapp fünf Prozent. | |
| ## Die Mitte-Rechten helfen indirekt der FN | |
| Eine bessere Erklärung ist, dass die FN 2008 finanziell und politisch | |
| schlecht da stand und in weit weniger Gemeinden überhaupt antrat. Die neue | |
| Chefin Marine hat vom Auftreten her eine größere Zugkraft als ihr Vorgänger | |
| und Vater Jean-Maire Le Pen. Außerdem profitiert sie von der | |
| Wirtschaftskrise, der Zersplitterung und der Hilflosigkeit der anderen | |
| Parteien. | |
| Diese Zersplitterung könnte der FN auch noch weitere Bürgermeisterposten | |
| bescheren: So weigert sich die frühere gaullistische Regierungspartei UMP, | |
| in den Stichwahlen mit der moderat linken Partie socialiste (PS) von | |
| Präsident Hollande Absprachen zu treffen. Sie setzt die PS damit bei den | |
| Wahlen mit der FN gleich. | |
| ## Dreier- und Viererkombis | |
| Diese Gleichsetzung spielt nicht nur der Taktik der Front National in die | |
| Hände, sich nicht als extreme, sondern als wählbare Kraft wie die anderen | |
| auch zu präsentieren. Die UMP sorgt damit auch für Dreier- und | |
| Viererkanditaturen in der Stichwahl. Diese Kombinationen entstehen nach dem | |
| französischen Wahlrecht: Wenn eine Liste im ersten Wahlgang die absolute | |
| Stimmenmehrheit erringt, so erhält sie die Hälfte der zu vergebenden Sitze. | |
| Die anderen Sitze werden nach dem Verhältniswahlsystem auf alle Listen | |
| verteilt. | |
| Erreicht keine Liste die absolute Mehrheit, so findet ein zweiter Wahlgang | |
| statt. Daran können nur die Listen teilnehmen, die mindestens 10 Prozent | |
| der abgegebenen Stimmen erhalten haben. Der Liste, die die meisten Stimmen | |
| erreicht hat, wird die Hälfte der zu vergebenden Sitze zugesprochen. Die | |
| anderen Sitze werden nach dem Verhältniswahlsystem auf alle Listen | |
| verteilt. | |
| Bei den vergangenen Kommunalwahlen 2008 gab es in den betroffenen | |
| Gemeinden, welcher Kandidat gegen die Front National antritt. Also eine | |
| Wahl zwischen dem FN-Kandidaten und einer zweiten Person. Ohne Absprachen | |
| treten fast die gleichen Personen in der zweiten Rrunde wie in der ersten | |
| an. Das erhöht die Chancen für die Front National in den Orten, wo sie zwar | |
| nicht die Mehrheit hat, aber die stärkste Kraft mit 30 oder 40 Prozent in | |
| der ersten Wahlrunde war. Und das war sie ja in gut einem Dutzend Kommunen. | |
| 30 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Metzger | |
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