# taz.de -- Flüchtlinge in spanischer Exklave: „Heiße Abschiebung“ in Mel… | |
> Immer wieder überwinden Flüchtlinge den Grenzzaun in Melilla. Häufig | |
> werden sie sofort abgeschoben, inzwischen sogar von marokkanischen | |
> Paramilitärs. | |
Bild: Flüchtlinge auf dem Grenzzaun zwischen Marokko und Melilla. | |
MADRID taz | „Es ist das erste Mal seit 550 Jahren, dass marokkanische, | |
bewaffnete Soldaten auf dem Gebiet von Melilla agieren. Ein Dank an die | |
Regierung“, lautete eine Twitter-Botschaft der Flüchtlings- und | |
Kinderhilfsorganisation Prodein aus Melilla, die allgemeine Verwunderung | |
auslöste. | |
Wenig später veröffentlichte die NGO ein Video, der deutlich macht, worum | |
es geht. In dem 2-Minuten-Film sind marokkanische paramilitärische | |
Einheiten zu sehen. Diese operieren zwischen den beiden Grenzzäunen, die | |
Spaniens Exklave Melilla von Marokko abschotten. Dort nehmen sie | |
schwarzafrikanische Flüchtlinge fest und verfrachten sie zurück nach | |
Marokko. | |
Eine solche unmittelbare, sogenannte heiße Abschiebung ist nach aktueller | |
Rechtslage illegal. Wo sie bisher dokumentiert wurde, brachten die | |
Grenzeinheiten der spanischen Guardia Civil die Flüchtlinge auf die | |
marokkanische Seite des Zaunes. Doch was auf dem Video zu sehen ist, „hat | |
es noch nicht gegeben", beschwert sich der Prodein-Vorsitzende José | |
Palazón. Denn Marokkaner, die auf spanischem Hoheitsgebiet tätig werden, | |
sind Zeichen einer neuen Qualität. | |
Die Aufnahmen stammen vom vergangenen Freitag. Rund 800 Flüchtlinge hatten | |
nach Angaben des Innenministeriums versucht, aufgeteilt in drei Gruppen die | |
Grenzanlagen zu überwinden. Nur sechs Flüchtlingen gelang dies. Einer von | |
ihnen sass mehrere Stunden auf einer Laterne, um der heißen Abschiebung zu | |
entgehen. Beim Abstieg stürzte er und wurde ins Krankenhaus in Melilla | |
eingeliefert. | |
„Erst wer beide Grenzzäune überwunden hat, ist in Spanien“, versucht der | |
regierende Bürgermeister von Melilla, Juan José Imbroda, die von Prodein | |
verbreiteten Aufnahmen herunterzuspielen. Der Vertreter des | |
Innenministeriums in Melilla, Abdelmalik el Barkani, gab derweil zu, dass | |
die Anwesenheit von marokkanischen Soldaten zwischen beiden Zäunen nichts | |
ungewöhnliches sei. „Das ist Teil einer immer engeren Zusammenarbeit mit | |
einem Land, das den Staus eines privilegierten Partners der Europäischen | |
Union geniesst", erklärt er. „Es gab keine illegalen Abschiebungen“, fügt | |
el Barkani hinzu, denn die Betroffenen hätten nicht die gesamte Grenzanlage | |
überwunden. | |
„Entweder man ist in Marokko oder in Spanien“, hält Francisco Solans | |
dagegen. Für den Sprecher der spanischen Anwaltsvereine für Fragen des | |
Ausländerrechtes ist klar: „Wer den ersten Zaun überwunden hat, ist in | |
Spanien.“ Es gebe kein Niemandsland zwischen den beiden Zäunen. Ein Blick | |
auf die Karte genügt. Die komplette Grenzanlage mit ihren beiden, sechs | |
Meter hohen und mit Natodraht gespickten Zäunen, die mit einem Geflecht aus | |
Drahtseilen versehene Gasse dazwischen, sowie die anliegende Fahrstraße auf | |
spanischer Seite liegen auf spanischem Gebiet. | |
Nach den Massenanstürmen der letzten Monate auf den Zaun in Melilla, ist | |
das Auffanglager völlig überfüllt. Einst wurde es für 480 Flüchtlinge | |
errichtet. Jetzt werden dort 1.800 Menschen zusammengepfercht. Die | |
konservative Regierung in Madrid weigert sich, Flüchtlinge auf die | |
iberische Halbinsel zu überführen, wie dies bei früheren Flüchtlingskrisen | |
üblich war. | |
Der regierende Bürgermeister Imbroda wollte deshalb ein weiteres Lager in | |
einer alten Kaserne einrichten. Am vergangenen Wochenende aber | |
demonstrierten 300 Anwohner dagegen. Daraufhin wurden die Pläne erst einmal | |
auf Eis gelegt. | |
1 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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