# taz.de -- Jugendhilfe vor dem Kollaps: Zu wenig Zeit für die Kinder | |
> Beim ASD ist nach dem Tod von Yagmur die Fluktuation groß und der | |
> Krankenstand hoch. Die Linke macht die Dokumentationswut dafür | |
> verantwortlich. | |
Bild: Seit dem Tod von Yagmur fühlen sich noch mehr MitarbeiterInnen des Jugen… | |
HAMBURG taz | Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) der Kinder- und | |
Familienhilfe in allen sieben Bezirken steht vor dem Kollaps: Das geht nach | |
Auffassung der Linksfraktion aus der 30-seitigen Antwort des SPD-Senats auf | |
eine Kleine Anfrage der Linken hervor. „Die Fluktuation bei den | |
Mitarbeiterinnen hat sich seit dem Tod von Yagmur verdoppelt“, schlägt der | |
familienpolitische Sprecher der LinksfraktiJUGENDHILFE on, Mehmet Yildiz, | |
Alarm. | |
Im letzten Quartal des Jahres 2013 haben elf Mitarbeiter den ASD verlassen, | |
im ersten Quartal 2014 waren es mit 25 doppelt so viele. Hinzu kommt ein | |
Krankheitsstand auf hohem Niveau. Die Linke hat in der Bürgerschaft | |
beantragt, in der Sozialbehörde einen Krisenstab in Form eines runden | |
Tisches einzurichten, an dem ASD-Beschäftigte, Gewerkschaften und | |
Personalrat beteiligt sind. | |
Dass die Situation prekär ist, sagt auch Sieglinde Frieß von der | |
Gewerkschaft Ver.di: „Die Lage hat einen Zustand erreicht, der katastrophal | |
ist.“ Der Druck der ohnehin schon auf den ASD-Mitarbeitern lastet, | |
verschärfe sich, weil die Mitarbeiter einer neuen Dokumentationswut | |
ausgesetzt seien und sie sich durch die neue Jugendhilfe-Inspektion, die | |
eigentlich Überschneidungen im Arbeitsablauf erkennen sollte, kontrolliert | |
fühlen. „Die Kollegen haben das Gefühl, durch die Dokumentationswut | |
überhaupt keine Zeit mehr für die Kinder zu haben“, sagt Frieß. „Viele | |
werden dann krank und ihre Kollegen arbeiten dann aufgrund steigender | |
Fallzahlen noch mehr, bis auch sie umfallen, wenn die anderen | |
zurückkommen.“ | |
Die Sozialbehörde räumt ein, dass die Situation beim ASD „angespannt ist“, | |
sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer. Er betont aber, dass bei | |
Fluktuation frei werdende Stellen permanent und sofort wieder besetzt | |
werden und nicht von den Bezirken aus finanziellen Gründen auf Eis gelegt | |
werden. Darum findet Schweitzer den Vorwurf des Linken Yildiz ungerecht, | |
wenn er behauptet, dass immer mehr ASD-MitarbeiterInnen nur über | |
kurzfristige Erfahrungen verfügen und eingearbeitet werden müssten. Bei | |
Stellenbesetzungen werde auf fachliche Qualifikation geachtet. | |
Die Sozialbehörde wehrt sich auch pauschal gegen den Vorwurf der | |
Linkspartei, dass nach dem Tod von Yagmur das Arbeitsumfeld beim ASD nicht | |
mehr stimme. Das wäre zu undifferenziert, sagt Sozialbehördensprecher | |
Schweitzer. | |
Die Linke zeigt sich erfreut darüber, dass laut Senatsantwort die | |
Bereitschaft an Fortbildungsmaßnahmen sehr hoch sei. „Das zeigt, dass die | |
Beschäftigten eine hohe Berufsmotivation mitbringen“, sagt Yildiz. | |
„Allerdings ist der große Teil an Fortbildungen im Bereich Jus-IT und | |
Falldokumentation ein Hinweis auf die Probleme mit einem Übermaß an | |
Kontroll- und Dokumentationspflichten und auf Probleme mit der Software | |
Jus-IT“, sagt Yildiz. „Hier muss mehr Fachlichkeit einbezogen werden.“ | |
Um die Fluktuation beim ASD zu senken und die Wertschätzung zu erhöhen, | |
damit die Arbeitsfähigkeit des ASD erhalten bleibt, fordert die Linke eine | |
bessere Bezahlung. „Wenn 56 der 395 ASD-Mitarbeiter wegen ungenügender | |
Bezahlung neben dem anstrengenden Dienst noch einer Nebentätigkeit | |
nachgehen müssen“, sagt Yildiz, „ist das ein echter Hammer.“ | |
8 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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