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# taz.de -- Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa: Hundert Euro für die Schwimm…
> Zehntausende Flüchtlinge warten an der libyschen Küste auf ihr Boot nach
> Europa. Der Menschenhandel ist lukrativ, die Überfahrt gefährlich.
Bild: Flüchtlinge, die in Tripolis vor der Überfahrt aufgegriffen wurden.
TRIPOLIS taz | Im Luxusressort Palm City, einer am Meer gelegenen
Wohnanlage am Stadtrand von Tripolis, residiert die Europäische Union – wie
fast alle internationalen Organisationen. Aus Sicherheitsgründen. Seit Mai
2013 versucht die EU mit der Grenzmission Eubam Libyen beim Aufbau von
Grenztruppen und beim „Grenzmanagement“ zu helfen. Fachleute sollen die
Umwandlung von Milizen in Zollbeamte begleiten und die Küstenwacht
trainieren.
Bei klarer Nacht können die Beamten nun immerhin die nur wenige Kilometer
entfernt ablegenden Seelenverkäufer mit bloßem Auge sehen, die sich seit
dem Frühjahr wieder auf den Weg nach Lampedusa und Malta machen. In den
letzten zwei Wochen strandeten mehr als 4.000 Arbeitsuchende und
Flüchtlinge auf Lampedusa oder wurden von der italienischen Marine
gerettet. Auf Malta landeten in den letzten zwei Jahren 14.000 Afrikaner
und Syrer. Fast alle Boote starten von der libyschen Küste.
Für die libyschen Milizen ist der Migrantenstrom durch die Sahara
mittlerweile zu einem lukrativen Geschäft geworden. Die Konvois der
Menschenschmuggler starten von Agadez in Niger aus, meist Montags um 10
Uhr.
Ziel sind die Kleinstädte Murzuk, Gatrun oder Ghat in Südlibyen. Ebenso wie
die Abfahrtszeiten sind die Preise festgelegt, rund 300 Euro kostet die
Reise durch die trockenste Klimazone der Welt an den Stadtrand von Gatrun.
Auf den zahlreichen Baustellen verdienen die Migranten zwischen 10 und 20
Euro pro Tag, um die Weiterfahrt an die libysche Küste bezahlen zu können.
## Freikauf bei Baustellenschufterei
Trotz des Chaos boomt in Libyen die Privatwirtschaft. Arbeitsuchende aus
dem benachbarten Tschad und Niger bleiben meist ein oder zwei Jahre in
Südlibyen, um sich in ihrer Heimat später eine Existenz aufzubauen. Weniger
gern gesehen ist in Libyen die weitaus größere Gruppe von Flüchtlingen aus
dem südlicheren Afrika, aus Ghana, Nigeria oder Eritrea. Sie müssen auf
ihrem Weg nach Tripolis oder Zuwara an den zahlreichen Kontrollpunkten
Handgeld zahlen.
Jonathan aus Lagos wurde zusammen mit 10 anderen Nigerianern unter der
Plane eines Gemüselasters von Gatrun nach Tripolis gebracht. Die Schmuggler
müssen weder Polizei noch Armee fürchten, jedoch die Ablehnung der
Mitbürger. Viele berichten über Rassismus und Gewalt in den
Flüchtlingslagern. „Wir wurden auf dem Weg nach Norden immer wider
verhaftet und zahlten Strafe, nur um dem nächsten Schmuggler übergeben zu
werden. Wer nichts hat, bleibt hinter Gittern. Einige durften tagsüber auf
Baustellen arbeiten, um sich freikaufen zu können“, berichtet Jonathan.
Rund 600 Euro kostet die Überfahrt von Tripolis nach Italien. Wer eine
Schwimmweste und einen Platz im hochseetauglichen Boot möchte, zahlt 100
Euro mehr. Immer wieder ist den Bootsbesitzern die Überfahrt aber zu
riskant und sie setzen ihre „Ware“ an einem anderen Küstenabschnitt oder
auf Djerba ab.
17 Apr 2014
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Flüchtlinge
Libyen
Menschenhandel
Islamismus
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Afrika
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Schiffsunglück
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