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# taz.de -- Hungerstreik am Oranienplatz: Neue Kraft schöpfen
> Nach 21 Tagen Hungerstreik machen die protestierenden Flüchtlinge eine
> Pause – bis zum nächsten Gespräch mit der Bundesmigrationsbeauftragten.
Bild: Patras Bwansi, Sprecher der Hungerstreiker, erklärt das Ergebnis des Ges…
BERLIN taz | Der Hungerstreik am Oranienplatz ist vorerst ausgesetzt. Dies
erklärten die protestierenden Flüchtlinge am Mittwoch Mittag nach einem
ersten Treffen mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration,
Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz. Die Pause geschehe „auf Anraten
unserer Ärzte“, und diene der Vorbereitung des nächsten Treffens mit
Özoguz, erklärte der Sprecher der Gruppe, Patras Bwansi. „Aber wir werden
hier bleiben und weiter hier übernachten“, sagte der sichtlich erschöpfte
Ugander bei der Pressekonferenz am Schlaflager der Streikenden.
Seit 21 Tagen befinden sich sieben ehemalige Bewohner des Flüchtlingcamps
am Oranienplatz im Hungerstreik. Sie fordern eine Bleiberechtslösung für
alle am Protest Beteiligten und die Anerkennung der besetzten Schule als
autonomes Flüchtlingszentrum. Außerdem verlangten sie einen Gesprächstermin
mit der Bundesmigrationsbeauftragten.
Bei diesem Treffen, das am Mittwoch stattfand, sei man inhaltlich nicht
weit gekommen, erklärte Bwansi. Özoguz und ihr Pendant auf Berliner
Landesebene, Monika Lüke, hätten zu Beginn ein Papier mit sechs Punkten
vorgelegt, das man komplett ablehne. „Wir weigerten uns, über diese Punkte
zu reden, außer darüber, dass es ein nächstes Treffen geben soll“, so
Bwansi. Dieses werde voraussichtlich kommende Woche stattfinden.
In dem von Özoguz' Sprecher und Lüke unterzeichneten Papier, das der taz
vorliegt, betont die Bundesbeauftragte ihre Auffassung, dass „klarer
zwischen politischen Forderungen und den bestehenden rechtlichen
Möglichkeiten ihrer Umsetzung getrennt werden sollte“. Die
Senatsbeauftragte für Migration, Lüke, erklärt zudem, sie sei „besorgt üb…
die Situation in der Schule und arbeitet gemeinsam mit dem Bezirk mit
Hochdruck für die kommenden Tage an einer Lösung“.
Bwansi erklärte, „wichtig für uns ist, sie will uns wiedertreffen“. Aber
sie verließen den Platz „nur mit einer konkreten Lösung für unsere
Zukunft“. Er fügte hinzu, dass sich am Dienstag vier weitere Menschen dem
Hungerstreik angeschlossen hätten. Damit seien sie nun zu elft.
## Rechtlich ist mehr möglich
Für die Berliner Grünen-Abgeordnete Canan Bayram ist die Aussetzung des
Hungerstreiks ein gutes Zeichen. „So können sie Kraft schöpfen für das
nächste Treffen mit Özoguz.“ Dann müsse die Bundesbeauftragte auch etwas
mehr bieten als bloße Gesprächsbereitschaft. „Rein juristisch ist das
möglich“, sagt die Anwältin. So könne sich Lüke beim Senat dafür einsetz…
dass Innensenator Frank Henkel (CDU) den Flüchtlingen vom Oranienplatz und
der Schule ein kollektives Bleiberecht nach Paragraf 23 des
Aufenthaltsgesetzes gibt. Özoguz wiederum könnte dem Bundesinnenminister
raten, die dafür nötige Zustimmung der Bundesregierung zu geben. „Sie kann
also durchaus etwas tun.“
Für Bayram stehen Land und Bund in der Verantwortung, den Flüchtlingen
einen sicheren Aufenthalt zu geben. Schließlich hätten die Flüchtlinge zum
Teil aufgrund ihres politischen Protests ihr Bleiberecht verloren. So sei
etwa der Asylantrag Bwansis auch mit dem Hinweis auf seine Verletzung der
Residenzpflicht abgelehnt worden. „Den Bescheid haben sie ihm in sein Heim
in Bayern zugestellt, obwohl in allen Zeitungen stand, dass er auf dem
Oranienplatz lebt“, erinnert sich Bayram.
Die Aussetzung des Hungerstreiks dürfte sich auch positiv auf das morgige
Myfest auswirken, das traditionell am 1. Mai rund um den Oranienplatz
stattfindet. Die Veranstalter des Fests hatten eigens wegen der
Hungerstreiker eine Bühne auf die andere Seite des Platzes verlegen lassen.
Dennoch hatte es Sorge um die Sicherheit der geschwächten Streikenden
inmitten der feiernden Menge gegeben.
Nun aber scheinen die Protestler deutlich entspannter als zuletzt. Zwar
dozierte der ewig kämpferische Turgay Ulu am Ende der Pressekonferenz, der
1. Mai „ist keine Party, sondern ein Tag des Widerstands“, erklärte aber
auch: „Hungerstreik ist nicht das einzige Mittel gegen rassistische
Politik.“ Die Gruppe wolle sich jetzt am europaweiten Protestmarsch der
Flüchtlinge von Strassburg nach Brüssel beteiligen.
30 Apr 2014
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Oranienplatz
Flüchtlinge
Tag der Arbeit, Tag der Proteste
Hungerstreik
Protest
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Antirassismus
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