# taz.de -- Kundgebung zum Weltflüchtlingstag: Gegen Entrechtung und Rassismus | |
> Migrant*innengruppen rufen zum Weltflüchtlingstag zu Solidarität auf. In | |
> Berlin versammeln sie sich am symbolträchtigen Oranienplatz. | |
Bild: Das Protestcamp am O-Platz in 2013. Der Ort der Hoffnung und des Widersta… | |
BERLIN taz | „Ich bin selbst Asylsuchende. Ich kämpfe zusammen mit den | |
Asylsuchenden aber auch in Solidarität mit den Menschen, die von Rassismus | |
und Fremdenfeindlichkeit hier in Deutschland betroffen sind“, sagt Napuli | |
Langa. Mit ihrer [1][Initiative „Wir sind O-Platz“] veranstaltet sie seit | |
Freitag das Sommerfest „O-Platz lebt! You can’t evict a movement!“ auf dem | |
Kreuzberger Oranienplatz – mit Aktionen, Diskussionen und | |
Vernetzungsveranstaltungen. | |
[2][Höhepunkt des Festes ist eine große Kundgebung am Dienstagabend] ab 18 | |
Uhr, zu der verschiedene Akteure der Geflüchteten- und | |
Migrant*innenbewegung zusammenkommen. Und dazu seien alle willkommen: | |
„Wir müssen jetzt solidarisch sein. Was in Griechenland passiert ist oder | |
gerade im Sudan passiert, ist schlimm. Aber wir dürfen nicht auf politische | |
Ereignisse warten. Wir müssen uns organisieren und für Bewegungsfreiheit, | |
die Rechte zu leben, zu arbeiten und zu studieren für alle einsetzen“, sagt | |
Langa. „Und nicht nur die, die direkt von Rassismus und Entrechtung | |
betroffen sind. Auch weiße Menschen mit deutschem Pass leiden unter den | |
Folgen von Krieg und Vertreibung“, erklärt sie. | |
Neben Redebeiträgen von Gruppen wie International Women* Space, No Border | |
Assembly und Sudan Uprising wird es ein musikalisches Programm und eine | |
offene Bühne für spontane Rede- und Musikbeiträge geben. Die Kundgebung | |
soll ein Aufruf zur Solidarität und ein Zeichen des Widerstands gegen die | |
Entrechtung von geflüchteten und asylsuchenden Menschen sein. | |
Warum gerade am O-Platz? Der [3][Oranienplatz ist seit mehr als elf Jahren | |
ein symbolischer Ort für die Geflüchteten- und Migrant*innenbewegung] | |
in Deutschland. Im Jahr 2012 endete hier ein tagelanger Marsch geflüchteter | |
Menschen. Aus Würzburg hatten sie sich auf den Weg nach Berlin gemacht, um | |
gegen ihre Entrechtung durch die deutsche Asylpolitik zu protestieren. Bei | |
ihrer Ankunft besetzten sie gemeinsam mit Unterstützer*innen den | |
Oranienplatz und erhielten ihn für eineinhalb Jahre als Camp. | |
## Trotz Wortbruch des Senats: weitreichende politische Erfolge für die | |
Bewegung | |
Ein politischer Kompromiss – mit dem Versprechen beschleunigter und | |
wohlwollender Asylverfahren für die Besetzer*innen – führte zur | |
Auflösung des Camps. Der Senat hielt seine Zusagen am Ende nicht ein – | |
politisch gab es dennoch Erfolge. Beispielsweise wurden Essengutscheine | |
abgeschafft, die damals bundesweit in Unterkünften für Geflüchtete üblich | |
waren, stattdessen gab es nun Bargeld. | |
Und auch die weiterhin aktive Geflüchteten- und Migrant*innenbewegung | |
in Deutschland ist durchaus ein Erfolg der symbolisch eng mit dem | |
Oranienplatz verbunden ist: „Die Bedeutung des O-Platzes für Menschen auf | |
der Flucht kann nicht unterschätzt werden, denn er ist zu einem Ort der | |
Solidarität, des Widerstands und der Hoffnung geworden“, schreibt die | |
Initiative. Zwar habe sich die Struktur der Proteste weiterentwickelt und | |
es seien verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten | |
entstanden, jedoch hätten sie eines gemeinsam: „Sie sind weiterhin präsent | |
und kämpfen gegen die Entrechtung durch den zunehmend autoritäreren | |
deutschen Staat, das europäische Grenzregime und die tägliche rassistische | |
Gewalt.“ | |
Auch die Gruppe [4][International Women* Space] ist aus der Besetzung des | |
O-Platzes entstanden. „Wir haben damals einen Safe Space für die Frauen in | |
der Besetzung eingerichtet, einen eigenen Block“, beschreibt Jennifer Kamau | |
die Entstehung. Mittlerweile haben sie sich zu einer festen Organisation | |
entwickelt. „Wir geben Workshops, besuchen Frauen und Kinder in den Lagern | |
in Brandenburg und versuchen die Perspektive der Frauen in die | |
Öffentlichkeit zu tragen“, so Kamau. Der O-Platz sei der Startpunkt | |
gewesen, die Arbeit gehe jedoch weiter, bis die Ungerechtigkeiten der | |
deutschen Asylpolitik überwunden sind, sagt sie. | |
Besonderer Anlass der bevorstehenden Kundgebung ist der seit 2001 jährlich | |
am 20. Juni stattfindende [5][Weltflüchtlingstag, ausgerufen von den | |
Vereinten Nationen]. | |
20 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://oplatz.net/about/ | |
[2] https://oplatz.net/kundgebung-am-weltgefluchtetentag-wir-sind-o-platz-ruft-… | |
[3] /10-Jahre-Refugee-Camp-Oranienplatz/!5882299 | |
[4] https://iwspace.de/about/ | |
[5] https://www.unhcr.org/news/stories/live-blog-2022-world-refugee-day-events-… | |
## AUTOREN | |
Tobias Bachmann | |
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