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# taz.de -- Onlinewahlkampf der AfD: Korrekt unsexy
> Innovativ, klassisch oder peinlich? Wir analysieren, wie sich die
> Parteien während des Europawahlkampfs im Netz schlagen. Dieses Mal: die
> AfD.
Bild: Extrem unsauber, extrem unkorrekt: Thor-Steinar-Nazis plakatieren für di…
## Die Parteiseite
Sauber, aufgeräumt, korrekt – das Bild, das die Alternative für Deutschland
von sich vermitteln will, zeigt sich bei einem Blick auf ihre [1][Website].
Nicht die schlechteste Idee, schließlich hätte man sich ja auch für
altbacken, wirr und unsexy entscheiden können. Na gut, unsexy ist die weiß
unterlegte Seite dennoch, aber sonst ist das Bild sehr ordentlich.
Unter einem Menü, das alle relevanten Punkte übersichtlich sortiert, kommt
der obligatorische Header mit sich abwechselnden Bildern, die allerdings
nicht zu weiterführenden Seiten verlinken. Das ist zwar ungewohnt,
verleitet aber dazu, sich nicht sofort in Kleinigkeiten zu verlieren.
Der Europawahlkampf steht dabei im Mittelpunkt. Kandidaten, Argumente,
Materialien und Programm sind unmittelbar zu finden. Letzeres hält sogar
eine Überraschung parat: Denn das Wahlprogramm gibt es auch auf
[2][Englisch]. Wen allerdings die Parole „Courage to Stand Up for Germany“
ansprechen soll, wird wohl nur die Partei selbst wissen. Oder gibt es eine
Szene der Anti-Britten mit positivem Deutschlandbezug?
Omnipräsent auf der Seite der Professorenpartei sind Spendenaufrufe, die
unter dem Stichwort „Geldbombe“ um die Almosen der A13-Gehälter-Bezieher
(W1-W3) buhlen. Und es funktioniert: in vier Tagen kamen bei der Aktion
über 150.000 Euro zusammen.
Ein Link in der Seitenspalte führt außerdem zum [3][Fanshop] der Partei.
„Vermissen sie auch die guten alten Glühbirnen?“ wird hier gefragt, um
sogleich die Antwort gegen den „EU-Verordnungswahn“ parat zu haben. Als
Topseller werden zehn 40W-Glühbirnen für 9,99 Euro feil geboten.
##
Mit über 105.000 „Gefällt mir“-Angaben bei [4][Facebook] läuft die Partei
ihren etablierten Konkurrentinnen den Rang ab. Euro-Spitzenkandidat Lucke
sieht das als Beweis dafür, dass es sich bei der AfD „eben nicht um eine
verstaubte Altherren- und Professorenpartei handelt“. Tatsächlich ist die
Partei laut Eigendarstellung eine der jüngsten des Landes, doch mit 50,9
Jahren im Schnitt liegt sie sehr nah am Durchschnittsalter deutscher
Hochschullehrer – und auch nur zehn Jahre über dem Durchschnittswert der
Facebook-User.
Mit drei bis vier Posts am Tag bewegt man sich in einem erträglichen
Rahmen; innovative Ideen fehlen dagegen gänzlich. Eigenwerbung, Zitate,
Presseberichte, Terminankündigungen – alles so erwartbar wie einschläfernd.
Die Mär der jugendlichen Partei löst sich beim Blick auf den
[5][Twitter-Kanal] der AfD dann gänzlich in Luft auf. Beim [6][deutlich
jugendlicheren Netzwerk] rangiert die AfD mit weniger als 9.000 Followern
im Parteienvergleich weit unten – Spitzenreiter sind hier die Piraten mit
125.000 Followern. Tatsächlich liefert die AfD auch keine Grund, wieso man
ihren Kanal abonnieren sollte. Der optische Eindruck schreckt ab, die drei
Wahlplakte im Header wirken gänzlich verloren. Inhaltlich orientiert man
sich an Facebook. Kommunikation mit anderen Twitter-Nutzern: Fehlanzeige.
##
Spitzenkandidat für die Europawahl ist, wie schon zur Bundestagswahl, Bernd
Lucke. Obwohl der Ökonom beim Erfurter Parteitag im März [7][damit
gescheitert war], das bisherige Vorstandsmodell mit drei gleichberechtigten
Sprechern zugunsten einer von ihm besetzten neunköpfigen Parteiführung
umzugestalten („Ermächtigungsgesetz“), ist Lucke dennoch der gefühlte
Parteivorsitzende. In der öffentlichen Wahrnehmung ist er neben Hans-Olaf
Henkel, der auf Platz zwei kandidiert, das einzige bekannte Gesicht der
Partei.
Auf der AfD-Startseite sucht man sein Konterfei aber ebenso vergebens, wie
im Wahlkampfspot. Eine eigene Website hat Lucke nicht, auf Facebook
existiert lediglich eine Art [8][Fanseite], die in der dritten Person von
„dem AfD-Sprecher“ schreibt. [9][Luckes Twitter-Kanal] ist seit September
vergangenes Jahres tot.
Seinen Wahlkampf betreibt der Sprecher auf die altbackene Weise, mit
Auftritten auf Marktplätzen und Wahlplakaten. Einen Punkt in Sachen
Kreativität gibt’s dennoch. Weil auch in Luckes Heimatort Winsen Plakate
der Partei zerstört wurden, nehmen Mitglieder seiner Familie die 40 noch
unbeschädigten Plakate jeden Abend ab und [10][hängen sie am nächsten
Morgen wieder auf]. Süß.
##
Die kleinen AfDler der Jungen Alternative versuchen ihre Mutterpartei nach
Kräften zu unterstützen. Jugendlich forsch wird auf Facebook gephotoshopt
was das Zeug hält. Es werden [11][sexistische Plakate] präsentiert, man
gibt sich als [12][Law-and-order-Verfechter mit der Neigung zur
Selbstjustiz] oder als [13][Polizistenfreund im Kampf gegen die
Linksextremen]. Die kleinen Radaubrüder setzen auf Inhalte und
positionieren sich damit am ganz rechten Rand der Gesellschaft. Ganz im
Gegenteil zur AfD wird hier nicht verschleiert, woher der Wind weht.
##
Die AfD als Partei der Jammerlappen: „Ständig werden unsere Veranstaltungen
gestört und viele unserer Plakate zerstört“, beklagen sich die Rechten, die
ebenfalls [14][wenig zimperlich] mit ihren vermeintlichen [15][Gegnern
umgehen]. Dass die politischen Mitbewerber „offensichtlich keine andere
Möglichkeit sehen, sich mit uns und unseren Themen auseinander zu setzen“,
wie es die AfD behauptet, ist derweil eine steile These. Bei einem Blick
auf ein im Netz weit verbreitetes Bild, kann man sich auch vorstellen, dass
einige Engagierte einfach keine Lust darauf haben, sich mit den
Wahlkampfhelfern der AfD argumentativ auszutauschen.
Oder wer glaubt, dass mit den beiden Thor-Steinar-tragenden Glatzköpfe, die
in Pirna AfD-Plakate befestigen, eine ernsthafte Diskussion möglich wäre?
##
Die AfD ist bemüht, sich als seriöse Partei zu präsentieren und informiert
über die gängigen Kanäle in solider Aufmachung ebenso sachlich wie
langweilig. Der Mut zu technischen Spielereien, zu Kommunikation mit den
Anhängern, zum Zuspitzen fehlt, vermutlich um Fallstricke zu vermeiden.
Denn sowohl einige Parteianhänger als auch der eigene Nachwuchs bieten
immer wieder genug Stoff, um das von der Parteiführung gewünschte Image als
gemäßigte Intelektuellenpartei zu untergraben. Das zentrale
Online-Wahlkampfmotto lautet daher wohl: Wer wenig sagt, sagt wenig
falsches.
16 May 2014
## LINKS
[1] http://www.alternativefuer.de
[2] http://www.alternativefuer.de/wp-content/uploads/2014/04/AfD-Manifesto-for-…
[3] http://www.mir-geht-ein-licht-auf.de/
[4] http://www.facebook.com/alternativefuer.de
[5] http://twitter.com/AfD_Bund
[6] http://www.futurebiz.de/artikel/demografie-sozialer-netzwerke-50-der-nutzer…
[7] /AfD-vor-der-Europawahl/!135374/
[8] http://www.facebook.com/luckebernd
[9] http://twitter.com/BerndLucke
[10] http://www.facebook.com/alternativefuer.de/posts/746130155417326?stream_re…
[11] /AfD-Nachwuchs-gegen-Feminismus/!137136/
[12] http://www.facebook.com/jafuer.de/photos/a.131308147059728.1073741828.1093…
[13] http://www.facebook.com/jafuer.de/photos/a.131308147059728.1073741828.1093…
[14] /AfD-Veranstaltung-in-Bremen/!137680/
[15] http://www.netz-gegen-nazis.de/dokument/13052014-presseschau-9449#news-2
## AUTOREN
Erik Peter
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