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# taz.de -- Amtsgericht verurteilt Linken-Politiker: Strafe für Nazi-Blockade
> Der Landtagsabgeordnete Falk Neubert muss 1.500 Euro zahlen. Er soll den
> Nazi-„Trauermarsch“ 2011 in Dresden grob gestört haben.
Bild: Sitzblockierer Falk Neubert (Mitte) in Dresden 2011
DRESDEN taz | Wegen seiner Beteiligung an einer Blockade eines
Neonazi-Aufmarsches in Dresden 2011 soll der sächsische
Linken-Landtagsabgeordnete Falk Neubert 1.500 Euro Strafe zahlen. Das
Amtsgericht Dresden verurteilte ihn am Mittwoch wegen grober Störung eines
genehmigten Aufzuges. Oberstaatsanwalt Jürgen Schär hatte sogar 15
Tagessätze zu 150 Euro beantragt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Es überrascht in der Sache wenig. In gleicher Höhe hatte es schließlich im
April schon Neuberts Kollegen, den Grünen-Politiker Johannes Lichdi,
„erwischt“. Unmut im Saal löste am Mittwoch aber aus, wie Amtsrichter Frank
Ponsold, schräg auf der Richterbank lümmelnd, das Urteil in wenigen Sätzen
mit süddeutschem Akzent mehr vor sich hinmurmelte als verkündete. Auf das
unmittelbar zuvor beendete Plädoyer der Verteidigung ging der Richter nicht
ein, folgte vielmehr komplett der Staatsanwaltschaft.
Die „überbordende Ignoranz dieses Richters gegenüber den Argumenten der
Verteidigung“ sei greifbar gewesen, kritisierte die Linkspartei-Chefin
Katja Kipping im Anschluss vor dem Dresdner Gerichtssaal. Sie hatte jene
Gegendemo am 19.Februar 2011 in der Dresdner Südvorstadt spontan
angemeldet, die Neubert nun als Blockade des genehmigten
Nazi-„Trauermarsches“ zur Last gelegt wird. Neubert, der nach eigenem
Bekunden die geplante Nazi-Marschroute nicht einmal kannte, sei in
gezielter Verhinderungsabsicht aktiv geworden, bekräftigte Oberstaatsanwalt
Schär.
Demgegenüber wies Verteidiger André Schollbach auf den mehr als einen
halben Kilometer entfernten Nazi-Versammlungsort am Hauptbahnhof hin, von
dem diese nicht losmarschieren konnten. Es sei gar nicht zu Konfrontationen
gekommen, die eine Klassifizierung als „grobe Störung“ nach dem sächsisch…
Versammlungsgesetz rechtfertigen könnten. Außerdem wäre eine Umgehung
möglich gewesen.
## 465 Ermittlungsverfahren
2011 war es bei Protesten gegen den geplanten Nazi-Prestigemarsch
allerdings auch zu Gewaltdelikten gekommen. Gegen Blockierer leitete die
Staatsanwaltschaft Dresden später 465 Ermittlungsverfahren ein. Die meisten
Verfahren wurden eingestellt. Etwa 100 Beschuldigte stimmten einer
Einstellung gegen Geldauflage zu, darunter mehrere Politiker.
Einen solchen Kompromiss hatte Falk Neubert abgelehnt, weil er indirekt
eine Kriminalisierung der Proteste bestätigen würde. „Mit einem derart
martialischen Vorgehen schreckt man Menschen ab, gegen Nazis zu
demonstrieren“, erklärte er zu Prozessbeginn.
Zu den besonderen Pikanterien dieses Prozesses gehört, dass sowohl Neubert,
der bisherige Stadtrats-Fraktionsvorsitzende Schollbach als auch
Oberstaatsanwalt Schär Parteimitglieder der Linken sind. Als Leiter der
Staatsschutzabteilung ist Schär zudem für die wirksame Verfolgung
rechtsextremer Organisationen bekannt. In seinem Plädoyer hatte er
Verständnis für die Absicht geäußert, die „für Dresden widerlichen
ungeheuren Provokationen der Nazis zu beenden“. Verteidiger Schollbach
kündigte an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.
28 May 2014
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Sitzblockade
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Dresden
Nazis
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