# taz.de -- Google setzt Urteil um: Löschen nur mit Personalausweis | |
> Nach dem Urteil zum Recht auf Vergessen stellt Google ein Antragsformular | |
> ins Netz. Doch Nutzer sollten nicht alle Forderungen bedingungslos | |
> erfüllen. | |
Bild: Manches möchte man lieber vergessen – online wie offline. | |
BERLIN taz | Nutzer, die bei der Suchmaschine Google Links löschen lassen | |
wollen, können dafür nun ein eigens eingerichtetes [1][Onlineformular | |
nutzen]. Der Konzern hat damit am Freitag auf ein Urteil des Europäischen | |
Gerichtshofes (EuGH) reagiert. Der hatte vor gut zwei Wochen entschieden, | |
dass alle Europäer eine Art „Recht auf Vergessen“ genießen. | |
Anlass für das Urteil war ein Fall aus Spanien. Ein Mann, dessen Haus 1998 | |
zwangsversteigert worden war, hatte von Google die Löschung des Links zu | |
einer entsprechenden Bekanntmachung im Online-Archiv einer Zeitung | |
gefordert. Eine Löschung an der Quelle hatte die Zeitung abgelehnt – sie | |
könne amtliche Bekanntmachungen nicht verändern. | |
Der EuGH entschied daraufhin, dass Suchmaschinen – nicht nur Google – Links | |
zu sensiblen persönlichen Daten löschen müssen, wenn sie „nicht mehr | |
erheblich“ seien – also etwa veraltet. Berichten zufolge gingen bei Google | |
nach dem Urteil zahlreiche Löschanträge ein. Mit seiner Suchmaschine hat | |
der Konzern in Europa einen Marktanteil von über 90 Prozent. | |
Mit dem Formular stellt der Konzern nun sicher, dass er von den Betroffenen | |
eine Reihe von Daten bekommt: So verlangt das Formular neben Namen, | |
E-Mail-Adresse, der beanstandeten URL samt Erläuterung, warum der Nutzer | |
sie aus der Trefferliste entfernt sehen will, auch eine Kopie von | |
Personalausweis oder Führerschein. Das sei notwendig, um Missbrauch | |
verhindern. Das Unternehmen versichert, das Dokument werde „ausschließlich | |
zur Authentifizierung“ des Antrags verwendet. | |
## Wer erfährt alles von dem Antrag? | |
„Die Frage ist, welche Daten davon wirklich erforderlich sind“, sagt | |
Christian Gollner, Rechtsreferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. | |
Er empfiehlt – zumindest mit Blick auf einen deutschen Personalausweis – | |
nur eine Kopie der Vorderseite zu verschicken und gegebenenfalls das Foto | |
zu schwärzen. Das Formular sei zudem ein Angebot, aber keine Pflicht: | |
Nutzer, die ihre Daten nicht über eine – wenn auch verschlüsselte – | |
Internetverbindung verschicken wollten, könnten den Antrag auch per Brief | |
an die Hamburger Adresse des Konzerns senden. | |
Google räumt sich das Recht ein, Anträge „unter Umständen“ an | |
Datenschutzbehörden weiterzuleiten und „möglicherweise“ den Webmaster der | |
Seite, zu der der beanstandete Link führt, zu informieren. Auch das sieht | |
Gollner kritisch. Nicht nur weil die Umstände unklar seien, sondern auch | |
weil Verbraucher selbst entscheiden sollten, wer von dem Antrag erfahre. | |
Google betont: Nicht jeder Antrag führe automatisch dazu, dass der | |
beanstandete Link verschwinde. Die Bundesregierung hatte als Reaktion auf | |
das Urteil angekündigt, eine Schlichtungsstelle einzurichten, die über | |
Löschanträge entscheiden soll. Egal ob Formular oder Schlichter – in | |
Fällen, in denen Nutzer ihr Anliegen nicht gewürdigt finden, werden wohl | |
Gerichte entscheiden müssen. Von ihnen wird dann abhängen, welche und wie | |
häufig Links verschwinden – zumindest für Nutzer, die sich mutmaßlich in | |
Europa befinden. | |
30 May 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://support.google.com/legal/contact/lr_eudpa?product=websearch | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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