# taz.de -- Flüchtlinge vom Oranienplatz: Berlin vergisst Abmachung | |
> Ein erster Asylbewerber vom Kreuzberger Oranienplatz soll schon am | |
> Donnerstag abgeschoben werden. Weitere sind gefährdet, trotz | |
> Senatszusagen. | |
Bild: Am Oranienplatz die Polizei, den Rest regelt die Ausländerbehörde – e… | |
BERLIN taz | Trotz eines Abkommens mit dem Berliner Senat sind immer mehr | |
Flüchtlinge vom Kreuzberger Oranienplatz von Abschiebung bedroht. | |
Zahlreiche Männer haben vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) | |
ihren Abschiebebescheid erhalten, schon am Donnerstag soll ein Mann nach | |
Italien abgeschoben werden. „Das ist nur einer von vielen Belegen dafür, | |
dass der Senat seine Zusagen nicht einhält“, sagt Martina Mauer vom | |
Berliner Flüchtlingsrat. Bei mangelndem politischen Willen, befürchtet sie, | |
„könnte bald ein großer Teil der Flüchtlinge von Abschiebung bedroht sein�… | |
Der Senat hatte im März ein sogenanntes Einigungspapier mit den | |
Flüchtlingen vom Oranienplatz unterzeichnet, um die mehr als eineinhalb | |
Jahre währende Besetzung des Platzes in Berlin-Kreuzberg zu beenden. | |
Flüchtlingsaktivisten hatten dort gegen die deutsche Flüchtlingspolitik | |
protestiert. | |
In dem Einigungspapier versprach der Senat für 326 namentlich bekannte | |
Flüchtlinge Sprachkurse und Berufsberatungen sowie ihre | |
aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten „umfassend“ zu prüfen. Bis dies | |
abgeschlossen sei, sollte jegliche Abschiebung ausgesetzt bleiben. Nach | |
mehr als drei Monaten ist fast nichts davon umgesetzt. | |
Bei den Flüchtlingen geht nun die Angst um. „Der Senat hält sich nicht an | |
unsere Vereinbarung. Er tut nichts, und wir bekommen inzwischen die | |
Abschiebung“, beklagt sich Ali M. aus Niger. Der 19-Jährige, der wie viele | |
über Lampedusa nach Deutschland gekommen ist, wohnt mit 104 anderen Männern | |
in einem ehemaligen Hostel, das der Senat nach der Räumung zur Verfügung | |
gestellt hat. Ali M. hat schon im Mai einen Brief vom BaMF bekommen, der | |
besagt, dass sein Asylantrag abgelehnt sei und seine Abschiebung | |
vorbereitet werde. Allerdings hat er den Brief erst vor Kurzem erhalten, | |
weil ihm die Post aus seinem Heim im Kreis Halle nicht nach Berlin | |
nachgeschickt wird. | |
## Keine guten Aussichten | |
So wie Ali gehe es immer mehr Flüchtlingen, sagt Ibrahim F.*, einer der | |
Sprecher vom Oranienplatz, der auch im Hostel eine Art Anführer zu sein | |
scheint. „Viele Leute hier haben den Brief mit der Abschiebung bekommen und | |
haben nun Angst, in eine Polizeikontrolle zu geraten.“ Akut gefährlich ist | |
die Lage für 12 Oranienplatz-Flüchtlinge, die nach taz-Informationen für | |
diese Woche eine Vorladung zur Berliner Ausländerbehörde bekommen haben. | |
Laut der Berliner Grünen-Politikerin Canan Bayram haben diese Personen | |
„einen höchst gefährdeten Status“. | |
Was die Männer nun erwartet, weiß niemand – aber der Fall mit der ersten | |
Abschiebung lässt nichts gutes erwarten. Der Mann, der heute nach Italien | |
abgeschoben wird, war wie viele Oranienplatz-Leute aus Italien nach | |
Deutschland gekommen und hatte Asyl beantragt. Um seine Duldung zu | |
verlängern, fuhr er daher nach Sachsen-Anhalt, wo er verhaftet wurde. | |
Genau dies wäre nicht passiert, wenn sich der Senat an die Abmachung | |
gehalten und die Fälle aus anderen Bundesländern übernommen hätte, | |
kritisiert Mauer. „Warum erteilt man nicht einfach eine kollektive Duldung, | |
holt die Zuständigkeit für die Fälle nach Berlin und prüft dann in aller | |
Ruhe“, fragt sie. | |
Doch daran denkt Innensenator Frank Henkel (CDU) offenbar nicht. In einem | |
Brief an seine Ministerkollegen, der der taz vorliegt, schreibt er: Dass | |
Berlin vorläufig Flüchtlinge aus anderen Bundesländern versorge, heiße | |
nicht, dass man nun für sie zuständig sei. „Vielmehr wird nach den auch | |
sonst üblichen Kriterien einzelfallbezogen entschieden werden.“ | |
*Name geändert | |
## Aktion gegen die Abschiebung: | |
11 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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