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# taz.de -- WM-Eröffnungsspiel Brasilien - Kroatien: Seleção siegt dank Schw…
> Wackelige Gastgeber siegen zum Auftakt gegen Kroatien mit 3:1. Am Ende
> entscheidet ein äußerst fragwürdiger Elfmeter die Partie.
Bild: Eine Strafstoß, der keiner war, entscheidet das Eröffnungsspiel der WM …
Die Startbedingungen: Direkt vor dem gut bewachten WM-Stadion in São Paulo,
über dem etliche Militärhubschrauber kreisen, ist die Stimmung bestens. Ein
gelb-grüner Menschenstrom bahnt sich seinen Weg zur Arena. Fotos über Fotos
werden mit den Smartphones geschossen. Die Fans der Seleção sind von sich
selbst begeistert. In der Innenstadt hingegen wurden Anti-WM-Proteste mit
den bekannten Mitteln kleingehalten: Blendgranaten, Gummigeschosse,
Tränengas.
Die Seleção ist der haushohe Favorit. Doch auf der Straße im Stadtteil
Villa Madalena herrscht Pragmatismus vor. Ein schmutziger 1:0-Sieg, so
lautet der Tenor, reicht völlig aus. Von wegen die Brasilianer wollen nur
das „jogo bonito“ („das schöne Spiel“) sehen. An diesem Tag kann man s…
auch mit Huub-Stevens-Fußball glücklich machen. Die Kroaten müssen zwar auf
den gesperrten Bayern-Stürmer Mario Mandžukić verzichten. Aber das ist,
wenn man Davor Šuker, dem einstigen Stürmerstar und heutigen
Fußballpräsidenten, glauben darf, auch irgendwie egal: „Weltmeister kann
Kroatien nur auf der Playstation werden.“
Das Spiel: Die WM beginnt mit einem Eigentor. Symbolträchtiger hätte sich
kein Protestkomitee den Beginn dieses Turniers ausmalen können. Marcelo ist
der Unglückliche, der – nach einer Flanke von Ivica Olić und der
verunglückten Intervention des kroatischen Stürmers Nikica Jelavić – den
Ball ins eigene Tor lenkt. Elf Minuten sind da gespielt. Schon zuvor haben
die Kroaten eine Großchance vergeben. Olić köpft knapp am Tor vorbei.
Rakitić und Modrić sind die perfekten Ideengeber für das kluge kroatische
Umschaltspiel.
Die Außenverteidiger der Seleção, insbesondere Dani Alves, rücken
allerdings auch extrem weit nach vorn aus. So kann eben der selbst nicht
mehr so schnelle Olić das Tor einleiten. Doch die Brasilianer finden
Schritt für Schritt in die Partie. Mit ihrem Tempofußball und ihrem
laufintensiven Pressing, weit in der gegnerischen Hälfte, stürzen sie die
Kroaten mit zunehmender Spieldauer von einer Verlegenheit in die nächste.
Besonders beliebtes Angriffsmuster: Diagonale Pässe, aus der Defensive
direkt in die Spitze gespielt, wo Alves sich so gern aufhält. Zum
Hauptregisseur des Spiels wird aber Neymar, der an fast allen gefährlichen
Situationen beteiligt ist. Als er es in der 28. Minute ganz auf eigene
Faust versucht, gelingt ihm der Ausgleichstreffer. Ein langer Sprint durchs
Mittelfeld, ein Schuss, der nicht sonderlich stramm, aber sehr platziert
ist, und die Glücksgefühle auf den Tribünen müssen kilometerweit zu hören
sein.
In der zweiten Hälfte verliert die Partie etwas an Dynamik. Ein scharf
geschossener Freistoss von Alves verfehlt das Ziel. Neymar kann einen
groben Patzer von Ćorluka nicht nutzen. Da kommt der japanische
Schiedsrichter Yuichi Nishimura zur Hilfe und gibt einen unberechtigten
Elfmeter, nachdem Fred ohne Gegnereinwirkung stürzt. Torhüter Stipe
Pletikosa kann den wiederum nicht sonderlich scharf getretenen Schuss von
Neymar nur ins eigene Tor lenken. Die Kroaten haben danach noch gute
Ausgleichsmöglichkeiten. Ein Schuss von Luka Modrić kann Torhüter Júlio
César gerade noch so parieren. Erst ein Konter bringt die Entscheidung.
Oscar erhöht auf 3:1.
Der entscheidende Moment: Der japanische Schiedsrichter Yuichi Nishimura
entscheidet leider dieses so spannende Duell mit seinem falschen
Elfmeterpfiff, gerade in dem Moment als das Spiel so beruhigt und
ausgeglichen war wie nie zuvor.
Spieler des Spiels: Eindeutig Neymar. Auf bewundernswerte Weise kam er mit
dem immensen Erwartungsdruck zurecht, der auf ihm lastete. Ein großer
Ballverteiler und Vollstrecker mit einem unglaublichen Laufpensum.
Die Pfeife des Spiels: Aus Sicht des Publikums eindeutig die
Staatspräsidentin Dilma Rousseff. „Fuck you Dilma“, rufen sie auch noch
während der Nachspielzeit. Es war aber auch ein böser Streich der
Stadionregie, der sie beim Jubeln auf der Videoleinwand zeigte.
Die Schlussfolgerung: Durchs Stadion wehte ein kühler Abendwind. Bei diesem
Klima haben auch die großen europäischen Teams eine Chance, sofern die
Schiedsrichter nichts dagegen haben.
Und sonst? Das brasilianische Publikum ist eine wahre Freude. Statt sich,
wie in Europa üblich, in monotonen Fangesängen zu ergehen, reagiert es nur
auf das Geschehen auf dem Spielfeld. Ein imposanter Lärmpegel.
13 Jun 2014
## AUTOREN
Johannes Kopp
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