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# taz.de -- Projekte gegen Extremismus: Anti-Links-Programm vor dem Aus
> Familienministerin Schwesig will Mittel für Projekte gegen
> Linksextremismus umschichten. Diese waren schlichtweg überflüssig.
Bild: Schwesig kann jetzt ein Lieblingsprojekt ihrer Vorgängerin kassieren.
BERLIN taz | Die Evaluationen waren niederschmetternd – nun steht das
Bundesprogramm gegen Linksextremismus vor dem Aus. Die zuständige
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) bereitet nach Informationen
mehrerer in die Konzeptarbeit einbezogener Fachleute stattdessen ein neues
Programm zur „Deradikalisierung“ vor.
Die für die umstrittene bisherige „Initiative Demokratie stärken“ jährli…
aufgewendeten fünf Millionen Euro sollen den Plänen zufolge umgeschichtet
werden, erfuhr die taz am Dienstag von Teilnehmern einer internen
Besprechung über die künftige Neuausrichtung des Bundesprogramms.
Unter dem Stichwort „Deradikalisierung“ könnten bereits erfolgreich
angelaufene Projekte gegen islamischen Extremismus fortgeführt werden.
Außerdem solle es auch möglich sein, Initiativen gegen Rechtsextremismus
aus diesem Topf zu fördern.
Der umstrittene Linksextremismus-Bereich solle „runtergefahren“ werden,
heißt es. Nicht ausgeschlossen sei aber, dass einzelne Vorhaben zur Arbeit
mit militanten Linken aus dem Gesamtbudget finanziert würden.
Das Bundesfamilienministerium wollte sich auf Nachfrage nicht im Detail zu
den Reformplänen äußern. Zurzeit laufe noch eine „interne Abstimmung“,
teilte eine Sprecherin Schwesigs mit. „Endgültige Aussagen können deshalb
derzeit nicht getroffen werden.“ Allerdings nehme das Ministerium die
wissenschaftliche Bewertung des Bundesprogramms gegen Linksextremismus
„sehr ernst“.
## Verheerendes Zeugnis
Das bedeutet, dass Schwesig an einer grundsätzlichen Neukonzipierung nicht
vorbeikommt. Schließlich hatte das renommierte Deutsche Jugendinstitut dem
von Schwesigs Vorgängerin Kristina Schröder (CDU) entwickelten
Anti-links-Programm in seinem Evaluierungsbericht 2013 ein verheerendes
Zeugnis ausgestellt: Die Projekte seien teils einseitig, methodisch schwach
und „stark gesteuert“. Bisweilen fänden sich nicht mal Teilnehmer, die
Zielgruppe sei undefiniert. Derzeit, so das Resümee der Experten, lasse
sich „kein Bedarf“ für ein das gesamte Bundesgebiet abdeckendes Programm
zum Thema „Linksextremismus“ feststellen. Das heißt: In seiner jetzigen
Form ist das Programm schlicht überflüssig.
Der neuen Familienministerin bietet das Papier eine Steilvorlage, um ein
Lieblingsprojekt ihrer Vorgängerin zu kassieren. Für Schwesig besteht die
Herausforderung allerdings darin, den Ausstieg aus dem Programm so zu
gestalten, dass die Koalitionspartner von CDU und CSU nicht auf die
Barrikaden gehen.
Offiziell will Schwesig am 1. Juli bei einer Fachtagung in Berlin das
gesamte Bundesprogramm vorstellen. Ihre Pläne stoßen unter Fachleuten auf
positive Resonanz: „Wir würden das sehr begrüßen“, sagt etwa Judith Pora…
von der Brandenburger Opferperspektive. „Das Programm war absolut nicht
zielführend.“ Ähnlich äußert sich auch Timo Reinfrank, Geschäftsführer …
Amadeu-Antonio-Stiftung.
Einige ehemalige Projektträger hatten sich wegen grundsätzlicher Kritik
bereits aus dem Anti-Linksextremismus-Programm verabschiedet. Der
Geschäftsführer eines bisher geförderten Projekts lobte den geplanten
Schwenk hin zu einem Deradikalisierungsansatz. „Es macht keinen Sinn,
Projekte nach Weltanschauung zu sortieren“, urteilt er. „Viel hilfreicher
wäre es, Faktoren zu erkennen, die Radikalisierungsprozesse auslösen. Das
wäre tatsächliche Prävention.“
17 Jun 2014
## AUTOREN
Astrid Geisler
Konrad Litschko
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