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# taz.de -- Nazifrauen in Deutschland: Übersehen und unterschätzt
> Die Gefährlichkeit rechter Frauen ist bisher zu wenig beachtet. Rechte
> Aktivistinnen nutzen strategisch die geschlechterstereotype Wahrnehmung.
Bild: Rechte Frauen stehen bei einer Demonstration in der ersten Reihe
BERLIN taz | Seit einem Jahr versucht Richter Manfred Götzl die Taten des
Nationalsozialistischen Untergrunds und Beate Zschäpes Beteiligung daran
aufzuklären. Doch die Hauptangeklagte schweigt.
Während Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und andere männliche Angeklagte immer
wieder als gefährlich und gewalttätig beschrieben wurden, spielten viele
Medien besonders zu Beginn des Prozesses das Bild von Frau Zschäpe als
Terroristin zur harmlosen „Katzenmutti“ und „Bettgespielin“ herunter. W…
sie gegenwärtig als „eiskalt“ beschrieben wird, sind ihre Emotionen
augenscheinlich immer noch interessanter als ihre Taten.
Diese verzerrte Wahrnehmung einer rechtsextremen Terroristin entspricht
laut Expertinnen der Fachstelle Gender und Rechtsextremismus der
allgemeinen Perspektive, die auf rechtsextreme Frauen eingenommen wird: Sie
werden übersehen und unterschätzt.
Eine [1][Studie] der Amadeu Antonio Stiftung mit dem gleichnamigen Titel
analysiert wie Justiz, Verfassungsschutz und Polizei, aber auch
Zivilgesellschaft und Medien die Gefährlichkeit rechtsextremer Frauen
unterbewerten.
„Die Aktivitäten rechtsextremer Frauen werden mit einer stereotypen
Wahrnehmung ausgeblendet“, erklärt Heike Radvan von der Fachstelle für
Gender und Rechtsextremismus. Rechtsextreme Aktivistinnen werden nur als
Freundinnen von Neonazis wahrgenommen, eine eigenständige politische
Haltung und die Bereitschaft zu Gewalttätigkeiten wird ihnen damit
abgesprochen.
## Der NSU hätte früher aufgedeckt werden können
Laut der Studie hätten die Taten des NSU in mehreren Fällen aufgedeckt
werden können, wenn die Aktivitäten rechtsextremer Frauen ernstgenommen
worden wären. So wurde Mandy S., eine Unterstützerin des NSU bei einer
Rasterfandung im Raum Nürnberg, nicht erfasst, weil zuvor alle Frauen aus
dem Suchprofil ausgeschlossen worden waren, um den Fahndungskreis zu
verkleinern.
Die Nebenklage-Anwältin Antonia von der Behrens stellt fest, dass sich
rechtsextreme Zeuginnen in den Befragungen vor Gericht die
geschlechterstereotype Wahrnehmung strategisch zu Nutze machen: Sie würden
sich als naiv, unwissend und schnell überfordert darstellen, „und dann noch
ein Tränchen abdrücken“, um sich einer weiteren Befragung zu entziehen.
Doch Frauen nehmen in der rechtsextremen Szene schon längst
verantwortungsvolle Positionen ein: Sie betreiben Internetportale, melden
Demonstrationen an und agieren als Parteikader, wie Esther Lehnert von der
Fachstelle für Gender und Rechtsextremismus erklärt.
Aber besonders gut, weil unbemerkt, können rechtsextreme Frauen in der
Rolle als nette Nachbarin von nebenan, als besorgte Mutter im Elternbeitrat
der Kita oder engagierte Ehrenamtliche der Volkstanzgruppe auftreten, führt
sie aus.
Die Studie der Amadeu Antonio Stiftung bietet deshalb Handlungsempfehlungen
für Behörden, Medien und Vereine im Umgang mit rechtsextremen Frauen.
Unabhängig davon wie der Prozess gegen Beate Zschäpe ausgeht, kann nur eine
Auseinandersetzung über die Wirkmächtigkeit von Geschlechterstereotypen in
der Gesellschaft und eine differenzierte Perspektive auf die Frauenrolle in
der rechtsextreme Szene vor weiteren rechtsextremen Gewalttätigkeiten
schützen.
Die Autorin ist freie Mitarbeiterin bei der Amadeu Antonio Stiftung.
6 May 2014
## LINKS
[1] http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/broschuere_rechtefrauen.…
## AUTOREN
Zoé Sona
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