# taz.de -- Klüngelei mit Fracking-Gegnern: Nato enthüllt Putins neue Waffe | |
> Nato-Generalsekretär Rasmussen behauptet, Moskau unterstütze | |
> Anti-Fracking-Aktivisten – um Europa abhängig von russischem Erdgas zu | |
> halten. | |
Bild: Von Putin auf die Straße geschickt? Fracking-Gegnerin. | |
BERLIN/HOSMAN taz | Im rumänischen Pungesti war Nato-Generalsekretär Anders | |
Fogh Rasmussen vermutlich noch nicht. In der Nähe des Ortes will der | |
amerikanische Chevron-Konzern ohne Rücksicht auf die kleinbäuerliche | |
Bevölkerung mittels der umstrittenen Frackingtechnologie Erdgas fördern. Es | |
gab im vergangenen Jahr Probebohrungen, die Polizei ging hart gegen | |
Proteste vor: Pungesti ist bis heute polizeiliche Sonderzone. | |
Dort verläuft für Rasmussen die Front. Am vergangenen Donnerstag behauptete | |
er während einer Fragerunde im Londoner Thinktank Chatham House, Moskau | |
unterstütze Anti-Fracking-Bewegungen in Europa. „Ich habe Alliierte | |
getroffen, die berichten, dass Russland als Teil ausgeklügelter | |
Informations- und Desinformationsoperationen aktiv mit sogenannten | |
Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeitet, Umweltgruppen, die gegen | |
Schiefergas arbeiten – offensichtlich um Europa abhängig von russischem | |
Erdgas zu halten“, sagte Rasmussen. Welche Alliierten er meint, sagte er | |
nicht. Aber auch der rumänische Präsident Traian Bsescu hält die | |
Pungesti-Proteste für von Putin gesteuert. | |
In Deutschland mag Rasmussens Aussage skurril klingen, aber in Rumänien | |
wird sie die dort ohnehin kriminalisierte Protestbewegung weiter | |
diskreditieren: Im siebenbürgischen Mosna sammelten AktivistInnen und | |
Anwohner gemeinsam illegal verlegte Kabel einer Erkundungsfirma von ihren | |
Feldern. Gegen viele wird ermittelt, Rechtshilfestrukturen wie in anderen | |
Ländern gibt es nicht. | |
Überdies wurden die Fracking-GegnerInnen von Offiziellen unter anderem zu | |
„ökoanarchistischen Terroristen“ erklärt und wird sozialer Druck auf sie | |
ausgeübt. Der Sprecher der rumänischen Anti-Fracking-Allianz, George | |
Epurescu, hält Rasmussens Äußerungen für einen verzweifelten Schritt: „Uns | |
ist klar, dass es Verquickungen politischer und wirtschaftlicher | |
Interessengruppen gibt. Jetzt mischt auch die Nato dabei mit.“ | |
Der Protestierenden sehen im Fracking große Gefahren für die Umwelt. Beim | |
Fracking wird Erdgas aus Gesteinsschichten wie Schiefer gefördert, das | |
zuerst mit einer mit Chemikalien versetzten Flüssigkeit aufgebrochen wird. | |
Dabei wurde in den USA in vielen Gebieten das Grundwasser verschmutzt. | |
## Machtkampf mit Moskau | |
Für den dänischen Nato-Generalsekretär ist Fracking ein entscheidender | |
Faktor im Machtkampf mit Moskau. Europa müsse „erheblich“ in die | |
Erschließung von Schiefergas investieren, denn die wahre Macht Russlands | |
liege in seiner Rolle als Gasversorger Europas, sagte er bei der Londoner | |
Fragerunde. | |
Beweise für eine Unterwanderung der Umweltbewegung lieferte er nicht. Genau | |
die forderten mehrere NGOs in einem beißend-ironischen offenen Brief an | |
Rasmussen. Die Nato sei doch sehr stark von präzisen und detaillierten | |
Informationen abhängig. „Wir hoffen deshalb, dass Ihre außerordentliche | |
Behauptung von außerordentlichen Beweisen untermauert wird“, schreiben | |
Organisationen wie Attac, die Bürgerinitiative Frackingfreies Hessen und | |
Friends of the Earth aus Deutschland, Spanien, Irland, Rumänien und anderen | |
Ländern. | |
Man freue sich auf die Beweise – „oder eine Entschuldigung“. Mit Beweisen | |
könnte es auch schwer werden: Rasmussens Aussage sei eine private Äußerung | |
gewesen, teilte die Nato mit. | |
22 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
Joachim Cotaru | |
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