# taz.de -- Nachrichten von 1914 – 9. Juli: Österreichisch-serbische Spannun… | |
> Solange die Hintergründe des Attentats nicht aufgeklärt sind, wird | |
> Österreich keine Schritte gegen Serbien einleiten. Die Krise könnte sich | |
> bald verschärfen. | |
Bild: Das Attentat auf das Thronfolgerpaar löste die Spannungen zwischen Öste… | |
In dem gestern in Wien zusammengetretenen gemeinsamen Ministerrat fand, wie | |
ergänzend gemeldet wird, eine Beratung von Maßnahmen für die innere | |
Verwaltung Bosniens und der Herzegowina statt. Diese Gelegenheit wurde zu | |
einer Vorbesprechung allgemeiner Natur über das nächstjährige gemeinsame | |
Budget benutzt, an welcher auch der Chef des Generalstabes und ein | |
Vertreter des Marinekommandanten behufs Aufklärung über einige technische | |
Fragen teilnahmen. | |
Wie die Wiener Blätter erfahren, bezogen sich die Maßnahmen für die innere | |
Verwaltung Bosniens auf den ganzen Bereich der Verwaltung Bosnien und der | |
Herzegowina. Ein gegen Serbien gerichteter und im technischen Sinne als | |
diplomatische Aktion zu bezeichnender Schritt sei nicht in Aussicht | |
genommen. | |
Der gemeinsame Finanzminister habe einen sehr eingehenden Bericht über die | |
bisherigen Ergebnisse der Untersuchung, die über das Attentat in Sarajewo | |
eingeleitet wurde, erstattet. Die Maßnahmen, welche beschlossen wurden, | |
sollen keineswegs eine Sistierung der Verfassung oder auch nur eine | |
Einschränkung der verfassungsmäßigen Institutionen umfassen, die diesen | |
Ländern im Jahre 1910 verliehen wurden. | |
Es soll vielmehr der Versuch gemacht werden, durch Verwaltungsmaßnahmen, | |
vornehmlich auf dem Gebiete der Polizei, Vorerfahrungen zu treffen, die | |
eine strenge Überwachung der Tätigkeit und der Verbindungen der | |
großserbischen Agitation ermöglichen, andererseits durch Verschärfung des | |
Grenzüberwachungsdienstes unerwünschten Zugang aus dem Auslande fern zu | |
halten. Insbesondere soll auch dem weiteren Eindringen der großserbischen | |
Agitation in die Schulen ein Ziel gesetzt werden. In Bezug auf den | |
Grenzüberwachungsdienst soll unter anderem eine Vermehrung der | |
Donauflottille in Aussicht genommen worden sein. | |
Sehr bemerkenswert erscheint, dass eine diplomatische Aktion gegen Serbien | |
zurzeit nicht in Aussicht genommen worden ist. Ein solcher Schritt dürfte | |
vorderhand auch kaum zu rechtfertigen sein, bevor die Untersuchung | |
vollkommen abgeschlossen ist. Die österreichisch-ungarische Regierung ist | |
zweifellos in der Lage, von Belgrad Aufklärung zu verlangen, sobald | |
einwandsfrei nachgewiesen worden ist, dass die Fäden der Verschwörung nach | |
der serbischen Hauptstadt führen. | |
Noch viel mehr würde Österreich zu einem energischen Schritt bei der | |
serbischen Regierung berechtigt sein, wenn es sich erweisen sollte, dass | |
sogar serbische amtliche Personen mit der Verschwörung zu tun hatten. | |
Vorläufig ist aber alles dies noch nicht bewiesen. Logisch und menschlich | |
verständlich ist es ferner, wenn man die als Genossen und Freunde der | |
Meuchelmörder ansieht, die nicht laut und vernehmlich gegen das furchtbare | |
Attentat zu Sarajewo protestieren. die bisherigen Auslassungen der | |
serbischen Presse über das entsetzliche Ereignis waren recht schwächlich. | |
Selbst die dürftige Entrüstung über das Attentat an sich konnte kaum als | |
aus dem Herzen kommendes angesehen werden. | |
Die Sprache der natürlichen Empfindung pflegt kräftiger, deutlicher und | |
weniger gekünstelt zu sein. Die serbische Boykottbewegung, die auf | |
Verständnis bei der Tripelentente hofft, ist ein unsinniges Unternehmen. | |
Auch der Dreiverband wird Österreich die Berechtigung zur gekommenen Zeit | |
energisch einzuschreiten, nicht aberkennen, da Recht und Gerechtigkeit eine | |
gründliche Aufklärung der Tat von Sarajewo erheischen. | |
Quelle: Kurzzeitung | |
9 Jul 2014 | |
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