# taz.de -- Vertiefung der Elbe: Ab nach Helgoland! | |
> Darf die Elbe zwischen Nordsee und Hamburger Hafen ausgebaggert werden? | |
> Ja, sagt die Wirtschaft. Bloß nicht, finden Umweltschützer. Wer bekommt | |
> Recht? | |
Bild: Große Schiffe brauchen viel Platz. Aber wer braucht große Schiffe? | |
HAMBURG taz | Es geht um „eine Schicksalsfrage“ – so sehen es Befürworter | |
und auch die Gegner der Elbvertiefung. Ab Dienstag verhandelt das | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber, ob die Ausbaggerung der | |
Unterelbe zwischen dem Hamburger Hafen und der Nordsee gegen europäische | |
Naturschutzrechte verstößt. | |
Sollte das mindestens 600 Millionen Euro teure Vorhaben untersagt werden, | |
„gerät der Wirtschaftsstandort Hamburg in Gefahr“, fürchtet Hamburgs | |
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). | |
Würde es genehmigt, „droht das gesamte Ökosystem des Flusses zu kippen“, | |
warnt der Hamburger Geschäftsführer der Umweltorganisation BUND, Manfred | |
Braasch. | |
Hamburg ist der größte Hafen Deutschlands und der zweitgrößte in Europa. Im | |
Jahr 2012 sorgte er für eine Wertschöpfung von knapp 20 Milliarden Euro und | |
mit 790 Millionen Euro für mehr als ein Zehntel der Hamburger | |
Steuereinnahmen; etwa 150.000 Arbeitsplätze sind dort direkt und indirekt | |
vom Hafen abhängig. Aus Sicht der Wirtschaftsverbände ist der Hafen der | |
Ast, auf dem Hamburg sitzt. | |
Zugleich ist die Unterelbregion großflächig nach deutschen und europäischen | |
Naturschutzrechten geschützt. Nach den EU-Richtlinien sind weite Teile des | |
Flusses, der Sandbänke, Ufer und Flachwasserzonen geschützt, um seltene | |
oder auch endemische, also weltweit nur an der Unterelbe lebende Tiere und | |
Pflanzen zu erhalten. | |
## Einen Meter tiefer und ordentlich breiter | |
Die Planungen des Bundes und der Stadt Hamburg sehen vor, auf 130 Kilometer | |
Länge die Fahrrinne um durchschnittlich einen Meter zu vertiefen und an | |
mehreren Passagen auch zu verbreitern. Dadurch sollen künftige | |
Mega-Containerfrachter mit einem Tiefgang von 13,5 Metern den Hafen | |
jederzeit anlaufen können, bei Hochwasser auch bis 14,5 Meter Tiefgang. Die | |
Baggermenge von 40 Millionen Kubikmetern Schlick – das entspricht 2,5 | |
Millionen Lkw-Ladungen – soll bei Helgoland in die Nordsee gekippt werden. | |
Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für das | |
umfangreiche Verfahren mit einer Vielzahl wasser- und | |
naturschutzrechtlicher Fragen zuständig. Allein der | |
Planfeststellungsbeschluss für das Projekt, den die Umweltverbände BUND und | |
Naturschutzbund (Nabu) anfechten, umfasst rund 2.600 Seiten. Der zuständige | |
Senat hat bis zum 24. Juli sechs Tage für die mündliche Verhandlung | |
anberaumt. Wann das Urteil gesprochen wird, ist unklar, wie es ausfallen | |
wird, erst recht. | |
Hoffnung ziehen die klagenden Umweltverbände daraus, dass die Leipziger | |
Richter im Oktober 2012 ihrem Eilantrag auf einen Baustopp entsprachen und | |
die Baggerarbeiten vorläufig stoppten. Es sei zwischen dem öffentlichen | |
Interesse an der Erreichbarkeit des Hafens und dem Schutz von Flora und | |
Fauna abzuwägen, erklärte das Gericht. Viele Fragen könnten aber erst im | |
Hauptverfahren verlässlich geklärt werden. Deshalb müsse mit einem | |
vorläufigen Baustopp verhindert werden, dass Eingriffe in die Natur | |
erfolgten, die später nicht ohne weiteres wieder umkehrbar seien. | |
„Wir haben nichts gegen die Hafenwirtschaft, aber wir kämpfen für den sehr | |
wertvollen Lebensraum Unterelbe“, erklärt Kläger Braasch unmittelbar vor | |
der Verhandlung: „Wir gehen davon aus, dass diese Elbvertiefung ökologisch | |
nicht mehr vertretbar ist.“ | |
Er gehe davon aus, dass die Elbvertiefung ökonomisch notwendig und | |
ökologisch unschädlich sei, sagt hingegen Wirtschaftssenator Horch: „Ich | |
bin davon überzeugt, dass unsere Planung rechtlich und ökologisch exzellent | |
ist.“ | |
15 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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