# taz.de -- AfD im Europaparlament: Die Mühen der Brüsseler Tiefebene | |
> Euphorisch hatte die AfD ihren Einzug ins Europaparlament gefeiert. Doch | |
> nun überwiegt die Ernüchterung: Die Partei fühlt sich ungerecht | |
> behandelt. | |
Bild: Hart in Brüssel gelandet: AfD-Chef Bernd Lucke | |
BERLIN taz | Es klang nach Angriff. Als „neue Volkspartei“ bejubelte | |
Parteichef Bernd Lucke seine Alternative für Deutschland (AfD) nach dem | |
erfolgreichen Einzug ins Europaparlament. Als später die Aufnahme in eine | |
Fraktion mit den britischen Tories folgte, feierte Lucke erneut: Nun | |
spreche man mit „starker Stimme“ in Brüssel. Einige Wochen sind seitdem | |
vergangen. Am Montag nun kehrte Lucke nach Berlin zurück, um bei einer | |
Pressekonferenz eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Von der anfänglichen | |
Offensivrhetorik blieb nicht viel übrig. | |
„Dass wir die Europolitik maßgeblich ändern werden, haben wir von | |
vornherein nicht erwartet“, sagte der AfD-Chef, der in Brüssel jetzt eine | |
siebenköpfige AfD-Gruppe anführt. Dafür fehle dem Europaparlament | |
„wirkliche Mitsprachemöglichkeit“. Auch sein Fraktionskollege, der frühere | |
BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel, bekundete, er erlebe in Brüssel, „was ich | |
erwartet habe“: einen „Riesenwasserkopf“ mit Tausenden Mitarbeitern. Ohne | |
Trendwende stehe der EU ein langes „Siechtum“ bevor. | |
Inzwischen kämpft die Partei in Brüssel auch mit praktischen Widerständen. | |
Am Montagabend wollte Lucke zum zweiten Mal für den Posten als | |
Vizevorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses kandidieren – im | |
ersten Anlauf war seine Wahl vergangene Woche überraschend gescheitert. Er | |
halte am „Anspruch“ auf den Posten fest, bekräftigte Lucke. Schließlich | |
gehöre es zu den „Usancen“ des Parlaments, alle Fraktionen zu | |
berücksichtigen. Niemand habe ihm Fehlverhalten vorgeworfen. | |
## Spontanrede von Lucke | |
Tatsächlich werden die Posten im Europaparlament traditionell | |
einvernehmlich über alle Fraktionen verteilt. An der Wahl Luckes und | |
anderer Eurokritiker aber regte sich diesmal Kritik. Den Euro spalten und | |
Vize des Währungsausschusses sein wollen, kritisierte der grüne | |
Ausschusskollege Sven Giegold, „beides geht nicht“. Lucke versuchte mit | |
einer Spontanrede gegenzusteuern, warb mit seiner Professorenschaft und | |
kritisierte den Euro als Ursache für die „bisher größte Krise der EU“. Es | |
machte es nicht besser. 21 Stimmen bekam Lucke, 30 Abgeordnete votierten | |
gegen ihn. | |
Der AfD-Chef war mit der Schlappe nicht allein. Auch die Parteikonservative | |
Beatrix von Storch scheiterte im Frauenausschuss. Henkel dagegen wurde als | |
Vize im Industrieausschuss gewählt. Lucke kritisierte dennoch, die | |
etablierten Parteien scheuten sich weiter, sich mit seiner AfD | |
auseinanderzusetzen. | |
Henkel gab sich am Montag dennoch zuversichtlich: Mit der gefundenen | |
Fraktion, den European Conservatives and Reformists, gehöre man immerhin | |
der drittgrößten Gruppe in Brüssel an und habe sich „einen Hebel besorgt, | |
mit dem auch das ein oder andere noch verhindern kann“. So will die AfD am | |
heutigen Dienstag auch gegen den Konservativen Jean-Claude Juncker als | |
Kommissionspräsidenten stimmen. Auch für den Eurobeitritt Litauens ist ein | |
Nein vorgesehen. Helfen wird das nicht: Beide Vorhaben haben inzwischen | |
eine Mehrheit sicher. | |
In Deutschland werden die kleinen Spitzen in Brüssel ohnehin kaum Beachtung | |
finden. Ein Problem: Schon im August ist Landtagswahl in Sachsen, danach in | |
Thüringen und Brandenburg. Und auch mit langatmigen Euro-Vorträgen wie am | |
Montag auf der Pressekonferenz lässt sich dort nicht viel gewinnen. | |
In Sachsen schwenkte Landeschefin Frauke Petry deshalb auch auf andere | |
Themen, forderte mehr Lehrer und „sichere Grenzen“. Mehr Aufmerksamkeit | |
aber gab es für einen Ausfall ihres Sprechers Thomas Hartung. Er hatte sich | |
abwertend über einen Lehrer mit Down-Syndrom geäußert und gefragt: „Wo soll | |
das hinführen, wenn er als ’normal‘ gezeigt wird?“. Nach massiver Kritik | |
trat Hartung von allen Posten zurück. Zur Erleichterung Petrys: Alles | |
andere wäre im Wahlkampf eine „große Belastung“ gewesen. | |
14 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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