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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Club der alten Männer
> Mindestens zehn Frauen sollen in die EU-Kommission. Ist Jean-Claude
> Juncker ein Frauenversteher? Oder gar ein verkappter Feminist?
Bild: Juncker: der Vorsitzende des Clubs
Gebt mir mehr Frauen, ich will Frauen! Wörtlich hat Jean-Claude Juncker das
zwar nicht gesagt. Aber gemeint hat der frisch gebackene EU-Kommissionschef
es schon, als er die 28 EU-Staaten aufforderte, weibliche Kandidaten –
Kandidatinnen! – für die Brüsseler Behörde zu nominieren. Mindestens zwei,
besser drei Namen für die nächste EU-Kommission möchte Juncker aus jedem
Mitgliedsland bekommen, darunter eine Frau. Bei gleicher Qualifikation
werde er selbstverständlich die Dame bevorzugen, ließ der Luxemburger schon
vor seiner Wahl ins Europaparlament wissen.
Ist Juncker also ein Frauenversteher – gar ein verkappter Feminist? Weit
gefehlt! In seiner Heimat Luxemburg nahm der 59-jährige Charmeur bislang
Rücksicht auf das weibliche Geschlecht. Machohaft schob er auch vor der
Wahl zum EU-Parlament Parteirivalin Viviane Reding beiseite. Dabei hatte
die erfolgreiche EU-Justizkommissarin große Ambitionen gehabt. Eine Zeit
lang liebäugelte Reding sogar mit dem Gedanken, selbst
Kommissionspräsidentin zu werden. Doch das verhinderte eine andere Frau:
Ausgerechnet Kanzlerin Angela Merkel blockte Redings Aufstieg frühzeitig
ab.
Und so wurde es eben Juncker, der Wunschkandidat der Konservativen im
Europaparlament. Doch die Abgeordneten wollen sich nicht mit der Wahl eines
männlichen EU-Oberhaupts zufriedengeben. Sie haben auch bei der Besetzung
der neuen Kommission ein Wörtchen mitzureden – und dort sollen Frauen hin.
Mindestens zehn sollen es sein, eine mehr als in der bisherigen
EU-Kommission. Vor allem Grüne und Liberale machen sich für diese neue
Quasiquote stark. Aber auch die bisherigen Kommissarinnen haben in einem
Brandbrief an Juncker Druck gemacht. Der steht nun ziemlich dumm da. Denn
die EU-Staaten haben bisher fast nur Herrschaften nominiert. Kanzlerin
Merkel, die angeblich mächtigste Frau der Welt, schickt Parteifreund
Günther Oettinger (siehe Seite 8). Frankreich will einen Monsieur,
Großbritannien einen leibhaftigen Lord. Wenn das so weitergeht, wird die
neue EU-Kommission ein Club der alten Männer.
## Ein Mann von gestern?
Juncker ist 59, man könnte sagen, auch nicht mehr der Jüngste. Ein Mann von
gestern, schimpfte sogar der britische Premier David Cameron. Doch wo
sollen nun die Frauen herkommen, womöglich sogar junge Frauen mit Zukunft?
Vielleicht aus Belgien, denn das zerrissene kleine Land hat noch nie eine
Frau für die EU-Kommission nominiert. Dann fehlen immer noch neun. Juncker
ist also weit vom Plansoll entfernt.
Und was passiert, wenn er das Genderproblem nicht löst? Sägt das Parlament
Juncker dann wieder ab? Kaum, er ist ja schon gewählt. Aber: Seine
Männertruppe wird es schwer haben. Parlamentspräsident Martin Schulz droht
schon mit vielen Neinstimmen. Nicht mal das schlimmste Folterinstrument.
Die Abgeordneten könnten auch versuchen, einige von Junckers Senioren
abzublocken – und weiblichen Ersatz zu fordern. Dass sie Zähne zeigen
können, haben sie gerade erst bewiesen.
18 Jul 2014
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
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