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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Habemus Bratwurst
> Die Bratwurst muss gesünder werden, ein ökologisch nachhaltiges Kraftwerk
> und ein größeres vegetarisches Sortiment entsteht: es grünt im blauweißen
> Bayern.
Bild: Es ist nicht gesichert, ob hier mit Biobier angestoßen wird und fair-geh…
In Bayern und Franken hinterlassen die einst von Franz Josef Strauß
verhöhnten „grünen Latzhosen-Brigaden“ mit ihrem „Umweltzirkus“ immer
tiefere Spurrillen. Am Benediktinerkloster Banz hat die
Hanns-Seidel-Stiftung der CSU ein Riesenschild hingestellt. Aber anstatt
einen anständigen achtspurigen Autobahnausbau anzukündigen, wird der
Startschuss für ein ökologisch nachhaltiges Blockheizkraftwerk angezeigt.
Gleich drunter steht der Hinweis auf die bevorstehende Wärmedämmung der
alten Klostermauern. Da lacht der Herrgott und streckt den Daumen nach
oben.
Verlassen wir die schwarzen Ökologisten und fahren, vorbei an grün-saftigen
Wiesen und blau schimmernden Solarfeldern, nach Coburg. Vom Parkplatz aus
lassen wir das Haus der Fußgesundheit links liegen und landen in einem Café
auf dem historischen Marktplatz.
Die Einheimischen an den Nachbartischen reden nicht nur über Ärrodig (Sex),
sie sorgen sich auch um die Bogdärrien (Mikroben), die in der Julihitze die
heimischen Seen „verrunrreinischen dun“. Schon wieder grüne Empathie. Man
wäre im Grunde schon fast versöhnt mit diesem Landstrich, wenn nicht
zwischen Rathaus und Stadthaus regelmäßig eine dicke Tränengaswolke wabern
würde, hinter der selbst der Beauty-Hairshop (Friseur) nur schemenhaft
erkennbar ist.
Die Quelle des beißenden Dampfs ist trotz Sichtbehinderung schnell
ausgemacht: Der Schornstein eines weiß gestrichenen Bauwagens schickt
Rauchzeichen gen Sommerhimmel. Habemus Bratwurst. „Meyer’s Original
Coburger Rostbratwürste“ steht auf dem Bauwagen.Die Erhitzung der Coburger
Bratwurst ist weltweit einzigartig! Die Wurst wird über dem offenen Feuer
schwer kokelnder Kiefernzapfen gegrillt und erhält dadurch ihren besonderen
Kick – inklusive Rauchvergiftung.
## Die Bratwurst schmeckt und ist krebserregend
Jetzt wurden in drei amtlichen Bratwurstproben stramm erhöhte polyzyklisch
aromatische Kohlenwasserstoffe festgestellt. Die sind eindeutig
krebserregend. Schon die Messung auf toxische Substanzen ist eigentlich
eine Sensation. Und tatsächlich suchen jetzt Coburger Metzger,
Bratwurstgilde und Umweltbehörden gemeinsam nach „alternativen
Grillmethoden“ – ein turbulenter Streit um Tradition, Geschmack und
Krebsgefahren. Wenn’s um die Wurst geht, versteht der Franke wirklich
keinen Spaß. Und so zeigt gerade dieser Fall, wie weit die
Latzhosenbrigaden ins Allerheiligste vorgedrungen sind, selbst die
Metzgerinnung weicht zurück.
Letzte Station des bayerisch-fränkischen Ausflugs ist der Köschinger Forst,
das größte zusammenhängende Waldgebiet in ganz Bayern. Herrlich! Ein
kulinarischer Anker mittendrin ist das Köschinger Waldhaus, eine
urbayerische Gastwirtschaft, wo die Vorspeise noch „Mogndratzerl“ heißt und
der Schweinsbraten aus dem Rohr als Grundnahrungsmittel gilt. Was müssen
wir lesen: „Das bereits ansehnliche fleischlose Angebot wird ausgebaut, da
immer mehr Vegetarier das Lokal frequentieren.“
Immerhin: Es gibt noch Bier statt Bionade. Natürlich Biobier aus dem
Riedenburger Brauhaus!
3 Aug 2014
## AUTOREN
Manfred Kriener
## TAGS
Bayern
Bratwurst
krebserregende Substanzen
Vegetarismus
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