Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach BGH-Urteil zu Abschiebegefängnissen: Flüchtlinge verlassen Z…
> 30 Abschiebehäftlinge durften aus den Knästen raus. Eine
> Grünen-Ministerin fordert das Ende der Abschiebehaft, die CSU pocht
> weiter darauf.
Bild: Protestplakat von Flüchtlingen in Hamburg.
BERLIN taz | Die Abschiebehaft in Deutschland bröckelt. Nach einem neuen
Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen die Bundesländer nun 30
Abschiebehäftlinge freilassen – etwa ein Drittel der ca. 100 derzeit
einsitzenden Flüchtlinge. Das ergab eine bundesweite taz-Umfrage.
Die meisten Fälle betreffen Flüchtlinge, die bei ihrer Einreise nach
Deutschland von der Bundespolizei festgenommen wurden und in ihr
vermeintliches Ersteinreiseland abgeschoben werden sollen. Man habe die
jeweiligen Amtsgerichte gebeten, die Haftbeschlüsse für alle Betroffenen zu
prüfen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. „Es wurden bereits die ersten
Personen aus der Haft entlassen.“
So wurde noch am Mittwochabend, dem Tag der Veröffentlichung des
BGH-Urteils, in Brandenburg ein Tschetschene aus dem Abschiebegewahrsam
entlassen. Es folgten Freilassungen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern.
Der Bundesgerichtshof hatte in seinem Urteil einen der Hauptgründe für die
in Deutschland praktizierte Abschiebehaft als rechtswidrig erklärt. Demnach
dürfen Flüchtlinge, die nach der europäischen Dublin-III-Verordnung in
einen anderen EU-Staat abgeschoben werden sollen, nicht mehr wegen pauschal
angenommener Fluchtgefahr inhaftiert werden. Vielmehr brauche es dazu
gesetzlich festgelegte Kriterien. Die aber gibt es in Deutschland nicht.
## Vollzug und Zögerlichkeit
Eine Woche vor dem BGH hatte der EuGH geurteilt, dass Deutschland
Abschiebehäftlinge nicht mehr in normalen Justizvollszugsanstalten
unterbringen darf. Sachsen-Anhalt entließ daraufhin seine
Abschiebehäftlinge, sieben Männer und eine Frau. Andere Länder zögerten.
Die Integrationsministerin von Rheinland-Pfalz, Irene Alt (Grüne), begrüßte
das neueste Urteil. „Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass
Abschiebehaft abgeschafft werden sollte“, sagte eine Sprecherin der taz.
Schon jetzt betreibe man „eine Politik der Abschiebehaftvermeidung“.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte dagegen
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf, die gerügte Gesetzeslücke
„schnellstmöglich“ zu schließen. Um ein Untertauchen von Abzuschiebenden …
verhindern, sagte ein Sprecher, „kann auf das Mittel der Abschiebungshaft
bei erheblicher Fluchtgefahr nicht verzichtet werden“.
Seit Monaten bereitet de Maizière eine Reform des Aufenthaltsgesetzes vor,
die die geforderten Kriterien für Fluchtgefahr festschreibt. Das
BGH-Urteil, sagte dessen Sprecher am Freitag, „bestärkt die Notwendigkeit
einer gesetzlichen Regelung“. Wann die Gesetzesreform in Kraft treten soll,
ließ er offen.
Flüchtlingsverbände und die Opposition im Bundestag fordern dagegen die
Freilassung aller Abschiebegefangenen und die generelle Abschaffung der
Abschiebehaft.
25 Jul 2014
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Flüchtlinge
Asyl
Abschiebehaft
Thomas de Maizière
Bundespolizei
Bundesgerichtshof
Flüchtlinge
Asylrecht
Abschiebehaft
Abschiebehaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hungerstreik im Abschiebegefängnis: Kampf ums Überleben
Im Abschiebegefängnis befindet sich seit 13 Tagen ein Mann im Hungerstreik.
Elf Jahre lebte er illegal in Bonn. Muss er nach Algerien zurück, fürchtet
er um sein Leben.
BGH-Entscheidung zur Abschiebehaft: „Fluchtgefahr“ muss konkret sein
Der BGH hat einen Großteil der Inhaftierungen von Flüchtlingen für
unzulässig erklärt. Das könnte das Ende der Abschiebehaft bedeuten.
Kommentar Flüchtlinge in Abschiebehaft: Schluss mit dem Misstrauen
Die Bundesländer zögern, die Abschiebehaft für gescheiterte Asylbewerber
abzuschaffen. Das ist peinlich. Der Schritt ist längst überfällig.
Abschiebehaft in Deutschland: Tür an Tür mit Kriminellen
Der Europäische Gerichtshof beanstandet die deutsche Praxis, Flüchtlinge in
Gefängnisse zu sperren. Doch nicht alle Bundesländer reagieren darauf.
EuGH-Urteil zur Flüchtlingspolitik: Kein Knast für Abschiebehäftlinge
Ausländer, die aus Deutschland abgeschoben werden sollen, gehören nicht ins
Gefängnis, urteilt der Europäische Gerichtshof. Das hat Folgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.