# taz.de -- „Mother Jones“-Chefin über Journalismus: „Deshalb ist die Cr… | |
> Die US-Zeitschrift „Mother Jones“ beweist seit 1976, dass | |
> spendenbasierter, kritischer Journalismus funktioniert. | |
> Ko-Chefredakteurin Monika Bäuerlein verrät wie. | |
Bild: Unterschiedliche Traditionen: Anders als in Deutschland seien Journaliste… | |
taz: Frau Bäuerlein, sie stammen aus Deutschland und sind seit 2006 | |
Ko-Chefredakteurin von [1][Mother Jones] in den USA. Worin unterscheidet | |
sich die journalistische Arbeit in den beiden Ländern? | |
Monika Bäuerlein: In den USA besteht die Grundeinstellung, dass der | |
Journalismus dem Journalisten gehört. In Deutschland gibt es zum Teil eine | |
andere publizistische Tradition. Dort sind Journalisten Teil der Elite und | |
verhandeln folglich mit den Mächtigen. Mehr als in den USA. Aber auch in | |
den USA bricht diese Attitüde zum Teil ein, und die Presse kann den | |
Entscheidern in Washington nahestehen. Aber grundsätzlich ist die | |
gegnerische Haltung der Presse in den USA stärker verankert. | |
Verhalten sich deshalb auch US-amerikanische Politiker anders gegenüber | |
Journalisten? | |
Die Politiker in den USA gehen davon aus, den Journalisten nichts | |
vorschreiben zu können. Außer in Sachen „National Security“ vielleicht, | |
aber das ist die Ausnahme. Aber Autorisierungen von Zitaten oder | |
Interviews, wie sie in Deutschland üblich sind, gibt es in den USA nicht. | |
Außerdem gilt der Ehrenkodex, dass Journalisten sich gedanklich und formell | |
Unabhängigkeit bewahren, dass man sich keine Presserabatte oder | |
Vergünstigungen holen kann. Man muss den Lesern und Usern gegenüber sagen | |
können: Ich habe mich nicht beeinflussen lassen und nehme auch nicht an | |
Strukturen teil, die so aussehen, als wäre ich beeinflusst worden. | |
Wie wichtig ist es da, dass Mother Jones, ein unabhängiges, linksliberales | |
Nachrichtenportal, nur von Spenden, Abos und Werbung lebt? | |
Sehr wichtig. Wir nehmen alles Geld, das sauber ist. Aber wir sind | |
unabhängig, wir gehören keinem Konzern. Wir sind gemeinnützig. Ich muss nur | |
unserem Vorstand Rechenschaft ablegen, keinen Aktionären oder großen | |
Medienunternehmen. | |
Ganz ähnlich wie bei der taz, die genossenschaftlich organisiert ist – und | |
damit recht allein in der Medienlandschaft. Ist Deutschland beim Thema | |
„spendenfinanzierter Journalismus“ hinten dran? | |
Auch in den USA wird noch viel mit Crowdfunding experimentiert – nicht | |
alles ist wirklich erfolgreich. Deutschland muss sich seine eigenen Modelle | |
suchen. Krautreporter könnte eine Möglichkeit sein – aber da bin ich nur | |
bedingt objektiv, weil meine Schwester im Gründungsteam ist. | |
Kann Journalismus nicht auch von Spendern abhängig sein, von einem Mäzen, | |
der – ebenso wie in der Kunst – hohe Summen spendet? | |
Deswegen ist die Crowd so wichtig. Bei Mother Jones gibt es 40.000 | |
Unterstützer, das sind durchweg kleine Spender. Dann gibt es auch noch | |
große Spender und Stiftungen. Wenn wir ausschließlich von einer dieser | |
Quellen abhängig wären, wäre das Modell deutlich instabiler. So balanciert | |
es sich aber aus – kein Faktor kann so viel Einfluss haben, dass bei seinem | |
Rückzug das Medium den Bach runtergeht. | |
So wie es bei Jeff Bezos, dem Amazon-Gründer, der letztes Jahr im Sommer | |
die Washington Post übernahm? | |
Es haben schon viele Milliardäre in die Nachrichtenbranche investiert und | |
versucht, damit das große Geld zu machen. Aber Journalismus ist kein | |
Kassenhit, man betreibt ihn aus anderen Gründen, als damit Profite zu | |
erwirtschaften. Und solange Bezos das nicht weiß … | |
Oder er weiß es und nimmt es in Kauf, sieht sich als Mäzen. | |
Ja, das kann auch sein. Bisher hört man viel Gutes – er sei ein | |
vorbildlicher Eigentümer, stellt gute Leute ein, investiert viel. Natürlich | |
wäre es schöner, wenn man nicht von Milliardären abhängig wäre, aber im | |
Moment ist das für die Redaktion besser, als den Betrieb einstellen zu | |
müssen. | |
Sind große Medienkonzerne wie die Washington Post zu schwerfällig, um der | |
Medienkrise zu begegnen? | |
Nicht zu schwerfällig, aber schon langsamer. Als ich bei Mother Jones | |
anfing, konnten wir von heute auf morgen die Trennung von Print und Online | |
aufheben. | |
Kann Deutschland von der Medienkrise in den USA lernen? | |
Es gibt immerhin den Lichtblick, dass es trotz Medienkrise noch guten | |
Journalismus gibt. Er funktioniert nur auf anderer Basis. Jetzt muss man | |
abwarten, was sich davon langfristig finanzieren wird. | |
31 Jul 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.motherjones.com/ | |
## AUTOREN | |
Lara Wiedeking | |
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