# taz.de -- Projekt Krautreporter: Mit Aperol Spritz auf die letzten Tage | |
> Während das Netz schon das Scheitern feierte, luden die Krautreporter am | |
> Dienstag zum Endspurt. Es zeigte sich, woran das Projekt krankt. | |
Bild: „Zu weiß, zu männlich, zu undurchdacht“: Zu Beginn von Krautreporte… | |
BERLIN taz | Das Setting hätte nicht vielsagender sein können: Eine hippe | |
Kunsthalle in Prenzlauer Berg, junge Menschen mit Aperol Spritz, | |
Weißweinschorle oder Bier und draußen ein sich langsam abkühlender | |
Sommerabend – so begingen die [1][//krautreporter.de/:Krautreporter] am | |
Dienstagabend ihren Endspurt, respektive ihr letztes Aufbäumen, denn die | |
Zeit wird langsam knapp. | |
Gut 9.000 Menschen unterstützen Krautreporter bisher, bis Freitagabend | |
23.59 Uhr müssen es insgesamt 15.000 sein – so hatten es die Initiatoren zu | |
Beginn ihrer Kampagne vor vier Wochen angekündigt. Mit einem Jahresbeitrag | |
von 60 Euro pro Spender wollen die 27 Journalisten ein Onlinemagazin | |
gründen, das werbefrei ist und ausschließlich große Reportagen bringt. | |
Für ihre Idee haben die Reporter viel Lob bekommen. Für ihre Attitüde „Der | |
Onlinejournalismus ist kaputt – wir kriegen das wieder hin“, stürmte die | |
Kritik von allen Seiten: zu arrogant, zu weiß, zu männlich, zu | |
undurchdacht. | |
Nun hatten die Krautreporter viel Zeit, die Kritik zu verarbeiten und die | |
Schwachstellen (keine Inhalte, eine eingeschränkte Zahlungsweise für die | |
Unterstützer, ungeklärte Rechtsform) zu beheben. In den vergangenen Wochen | |
gab es Präsentationsvideos der Reporter, es gab eine erste Themenliste und | |
offene Auseinandersetzungen in Blogs und auf Twitter. Aber was haben die | |
Krautreporter aus all dem gelernt? Offenbar nicht viel, wie auf der Bühne | |
der Kunsthalle deutlich wurde. | |
## Wenig gelernt? | |
„Das Netz liegt brach, wir wollen es neu bepflanzen“, sagte Krautreporterin | |
Andrea Hanna Hünniger zur Begrüßung. Später sprach sie davon, das | |
journalistische Format der „harten Reportage wieder zu beleben“ – als | |
hätte es all die großen Onlinereportagen der letzten Monate, die | |
[2][Werwolf Geschichte] von Spiegel Online, das [3][Jubiläum der Tour de | |
France] und das Portrait der [4][Berliner Karl-Marx-Allee] bei Zeit Online | |
oder das [5][Massaker vom Tiananmen-Platz] bei sueddeutsche.de nicht | |
gegeben. | |
Auf ihre Frage, wer von den Anwesenden schon UnterstützerIn sei, meldete | |
sich knapp die Hälfte. Hünniger sprach mit zwei von ihnen (Was findest du | |
an uns gut? „Ihr seid der Legostein, der die Brücke über einen dunklen | |
Abgrund baut“, Was gefällt dir an uns nicht? „Nichts“) und betonte den | |
großen Erfolg bis hierher. | |
Karl-Heinz-Ruch und Konny Gellenbeck, Geschäftsführer und | |
Genossenschaftscheffin der taz, erzählten von den Anfängen der taz und den | |
Vorteilen einer Genossenschaft – in deren Tradition sich auch die | |
Krautreporter irgendwie sehen. Das Credo des Abends: Wir sind super und | |
retten den untergehenden Journalismus. | |
## Fehlende Selbstkritik | |
Nun muss man sich auf einer Endspurt-Veranstaltung nicht geißeln. | |
Motivation und Stolz sind vollkommen angebracht – immerhin haben | |
Krautreporter schon jetzt geschafft, was bisher kein journalistisches | |
Crowdfunding geschafft hat. Man muss auch nicht auf die Untergangsgesänge | |
eingehen, die einige Blogger schon jetzt auf Krautreporter singen. | |
Aber dass der erste, der an diesem Abend auf der Bühne erwähnt, es könne | |
eng werden könnte, nach 45 Minuten Veranstaltung ausgerechnet Jakob | |
Augstein ist, wirkt doch ein bisschen realitätsblind. | |
Augstein war trotzdem voll des Lobes für Krautreporter. Gleichzeitig sprach | |
er – ausgelöst davon, dass Krautreporter sich monatlich jedem 2.500 Euro | |
auszahlen wollen – von der „Prekarisierung“ des Journalismus, von der die | |
Chance ausgehe, dass Reporter wieder mehr Opposition und Mut zur | |
Radikalität wagen. „Das ist genau das, was wir vorhaben“, schloss Hünniger | |
das Gespräch und damit den Abend. | |
So ganz leicht konnte man sich das nicht vorstellen, als sich die | |
anwesenden Krautreporter in ihren Karohemden, Gelfrisuren und | |
Designerbrillen schließlich zum Foto aufstellten. | |
Kommen die 15.000 Unterstützer bis Freitag nicht zusammen, ist das Projekt | |
vorerst gescheitert. Das wäre schade um die gute Idee, die es wert ist, | |
gewagt zu werden. | |
11 Jun 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://https | |
[2] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nazi-werwolf-spiegel-reporter-sch… | |
[3] http://www.zeit.de/sport/tour-de-france.html | |
[4] http://www.zeit.de/kultur/karl-marx-allee/index.html#prolog | |
[5] http://gfx.sueddeutsche.de/pages/tiananmen/ | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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