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# taz.de -- Erweitertes Klimahaus: Windkraft-Lobby ist zu Besuch
> Das Klimahaus in Bremerhaven bekommt ein „Offshore Center“. Das von
> öffentlicher Hand finanzierte Projekt soll für die Windenergie-Branche
> werben.
Bild: Soll bald möglich sein: Mit dem Helikopter zum virtuellen Windpark-Rundf…
BREMEN taz | Als ein „doppeltes Bekenntnis zur Offshore-Windenergie und zum
lokalen Tourismusstandort“ bezeichnete Bremerhavens Oberbürgermeister Melf
Grantz den Baustart des „Offshore Centers. Meer – Wind – Energie“ in der
vergangenen Woche. Die an das „Klimahaus Bremerhaven 8° Ost“ angeschlossene
Ausstellung soll im Herbst eröffnet werden. Sie soll nicht nur über die
technischen Errungenschaften der Industrie informieren, sondern sie
ausdrücklich auch bewerben.
Bauherr Nils Schnorrenberger von der Bremerhavener Gesellschaft für
Investitionsförderung und Stadtentwicklung sprach von der Faszination durch
Technik und versteht darunter vor allem große Zahlen: 160 Meter hoch sind
die Windmühlen der Offshore-Parks, ihre Verankerungen sind 40 Meter tief im
Meeresboden. Ihre Gondeln erreichen fast die Größe von Einfamilienhäusern.
Die Vermittlung solcher Größenordnungen will die neue Ausstellung leisten.
So soll etwa ein virtueller Helikopterflug die Klimahaus-Gäste raus aufs
Meer zu einem Rundflug über einen Windpark führen.
## Verunsicherte Branche
Solch positive Publicity kann die Branche gut brauchen, die durch
anhaltende Diskussionen über die Höhe der Einspeisevergütung für Strom aus
erneuerbaren Energien verunsichert ist. Lokale Firmen unterstützen das
Informationszentrum zur Windenergie auf hoher See mit Fachwissen und Geld.
Sie wollen die Räume später auch selbst als repräsentativen
Veranstaltungsort für Empfänge oder Verhandlungsgespräche nutzen.
Bremerhavens Bürgermeister Grantz sagte mit Blick auf diese Investoren,
dass das Tief zwar noch nicht überwunden, die Lage aber zumindest
perspektivisch gut sei: Ab 2015 werde die Industrie wieder mit Hochdruck an
neuen Parks in deutschen Gewässern bauen. Auch für den Export der Technik
sehe es gut aus. Es ging Grantz aber nicht nur ums Geld. „Ohne Offshore ist
die Energiewende nicht zu haben“, sagte er. Technischer Fortschritt und
Umweltschutz werden hier zusammen beworben.
Dabei ist die ökologische Begeisterung für die Offshore-Technologie nicht
unproblematisch. Die Umweltverbände Nabu und BUND hatten erst im April
gemeinsam gegen bereits erteilte Genehmigungen für den Bau von vier
Windparks geklagt. Diese Parks liegen in Gebieten, in denen Schweinswale
leben, die massiv unter dem Bau- und Betriebslärm leiden, so die
Umweltschützer. Probleme, die auf der Ausstellung im Klimahaus an zwei
Mitmachstationen erläutert werden.
Überhaupt setzt die 340 Quadratmeter große Ausstellung auf Eigeninitiative:
An den 17 Stationen müssen jeweils eigene Zugänge gefunden werden. Bei der
Einstimmung im Bereich „Vision“ etwa laufen Audiokollagen, die assoziativ
ins Thema Offshore einführen. Später auf dem Rundweg lassen sich Filmclips
zur Konstruktionsweise der maritimen Windparks betrachten. Auf einem
Stadtplan Bremerhavens sind die ortsansässigen Firmen verzeichnet. Der
Bereich „Auf See“ informiert über die Schwierigkeiten, die Anlagen zu
montieren und zu warten – hier wird dann auch der Helikoptersimulator zu
finden sein. Der letzte Bereich – „Zahlen und Fakten“ – soll Daten zu
verschiedenen Parks vermitteln.
## Strukturschwache Region
An der „Windlounge“ wird derweil noch gearbeitet. Das wird eine 95
Quadratmeter große Veranstaltungsfläche mit einem Fensterdurchbruch
hinunter ins Foyer des Klimahauses. 300.000 Euro steckten private Förderer
in das gesamte Projekt, ein Vielfaches steuert die öffentliche Hand bei:
1,7 Millionen Euro geben Land Bremen und die EU. Diese Fördermittel aus dem
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sind für den Ausbau
strukturschwacher Regionen gedacht – außerdem arbeiten in Bremerhaven
mittlerweile mehr als 3.000 Menschen in der Windkraftbranche.
Grantz hofft, dass vom Offshore Center etwas Identitätsstiftung ausgehen
wird. Schnorrenberger ergänzt: Wenn öffentliches Geld genutzt werde, um
über eine kontrovers diskutierte, ökologisch und wirtschaftlich relevante
Technologie zu informieren und die jährlich 500.000 Besucher des
Klimahauses anzusprechen, sei das eine „Win-win-Situation, über die man
sich glücklich schätzen kann“.
6 Aug 2014
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
## TAGS
Ausstellung
Bremerhaven
Windkraft
Offshore
Schwerpunkt Klimawandel
Stadtentwicklung
Erneuerbare Energien
Hamburg
Nachhaltigkeit
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