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# taz.de -- Nachhaltiges Kapital: Anlegen ohne schlechtes Gewissen
> Der neue Trend sind nachhaltige Investmentfonds – mit Unternehmen, die
> ökologisch und sozial wirtschaften und in Schwellenländern sitzen.
Bild: In Rohstoffe und Exporte zu investieren, lohnt nicht mehr.
Die Schwellenländer erleben derzeit die zweite Entwicklungswelle. Ihre
Quellen sind die wachsenden Mittelschichten der Regionen und deren
Bedürfnis nach besserer Bildung, besserer Gesundheitsvorsorge, besserer
Infrastruktur. Die erste Welle war noch getragen von Rohstoffen und
Exporten. Sie verebbt langsam, was Anleger in Schwellenländertitel
spätestens 2013 merkten, als die Börsen der sogenannten Emerging Markets
unter Druck gerieten.
Die Rohstoffpreise gaben nach, Chinas exportgetriebene Wachstumsstory
schien erst einmal auserzählt und die guten Zahlen, die beispielsweise
Indien, Brasilien und Indonesien erzielt hatten, stagnierten. Mit der
Ankündigung der US-Notenbank, ihre Geldpolitik zu verändern und Anleihen in
Schwellenländer zu drosseln, floss ein Großteil des dort investierten
Kapitals nach Europa zurück.
„Viele traditionelle Emerging-Markets-Fonds, die Generation 1.0, nehmen die
zweite Welle bisher kaum wahr und haben weiterhin die Unternehmen und
Branchen der ersten Wachstumswelle im Blick, mit mäßigem Erfolg“, sagt
Alexander Mozer, Manager des Aktienfonds Growing Markets 2.0. „Wir setzen
auf die weiter wachsende Binnenkonjunktur der Schwellenländer, die kleinere
Unternehmen hervorbringt und florieren lässt“, so Mozer. Was sich zunächst
nach nüchterner Analystenlogik anhört, bekommt bei Mozers Fonds einen neuen
Dreh. Im Portfolio des Growing Markets 2.0 haben nur Unternehmen Platz, die
ihren Sitz in einem Schwellenland haben oder in diesen Regionen den größten
Teil ihres Umsatzes erwirtschaften und nachweislich ethisch, ökologisch und
sozial ausgerichtet sind.
„Wir sind dazu angetreten, dem Anleger zu zeigen, dass er ein gutes
Gewissen haben und sein Geld gleichzeitig gut anlegen kann“, sagt Mozer.
Der vor knapp zwei Jahren aufgelegte Fonds ist jüngstes Produkt des
Investmenthauses Ökoworld, vormals Versiko, das Alfred Platow und Klaus
Odenthal vor 18 Jahren mit der Vision gründeten, dass nachhaltiges Denken
und Handeln nicht im Widerspruch zur Kapitalanlage stehen muss. Bei allen
Fonds der Ökoworld sind Investments in Branchen wie Rüstung und
Atomenergie, Prostitution und Mineralölwirtschaft ausgeschlossen.
Unternehmen, die Kinder für sich arbeiten lassen, mit Gentechnik
produzieren oder Raubbau an natürlichen Ressourcen betreiben, wie
beispielsweise einige Hersteller von Palmöl, fallen durchs strenge Raster
der hauseigenen Analysten.
## Unabhängige Geschäftsmodelle
Mozer und sein Team orientieren sich bei der Zusammenstellung des
Portfolios bewusst nicht am Schwellenländer-Index, dem MSCI Emerging
Markets oder einzelnen Länderindizes. Zu 40 bis 60 Prozent sind darin
Staatsunternehmen vertreten, die letztlich der Finanzierung der
Staatshaushalte dienen, Gewinne für Privatanleger kommen da oft erst an
zweiter Stelle. Mozer geht bei der Titelauswahl nach dem Prinzip des
Stock-Pickings vor, also dem gezielten Anlegen und Einzelwerte. „Bei
kleineren und mittleren Unternehmen in den Schwellenländern finden wir
viele von der Gesamtkonjunktur unabhängige Geschäftsmodelle, die starke
Wachstumsraten aufweisen und häufig unter dem Radar von internationalen
Investoren fliegen“, sagt Mozer.
Tatsächlich haben auch Schwellenländerexperten von vielen Titeln im
Portfolio, das sich aus mehr als 60 Einzelwerten zusammensetzt, selten
etwas gehört. Die indische Kindergartenkette Tree House Education ging
2012, neun Jahre nach ihrer Gründung, an die Börse. Das Konzept von Tree
House verbindet Erziehung mit den pädagogischen Grundsätzen nach Montessori
und bietet Betreuung und Vorschulbildung für die Kinder von denjenigen an,
die es sich leisten können – und das werden gerade in den Städten des
Landes immer mehr. Je nach Berechnungsgrundlage gehören zwischen 50 und 400
Millionen Menschen derzeit der indischen Mittelschicht an.
Das indonesische Unternehmen Arwana Citramulia fertigt Kacheln und Fliesen,
die langlebig, leicht und umweltschonend zu reinigen sein sollen. Bei der
Herstellung, so die Unternehmensführung, achte sie auf Wärmerückgewinnung,
der Prozess werde energieeffizienter. Einer der wenigen Finanztitel im
Portfolio ist die Yes Bank, eine der größten Privatbanken Indiens. Sie
bietet Bankdienstleistungen zur Grundversorgung an. Kreditnehmer sind
kleine und mittlere Unternehmen, überschaubare landwirtschaftliche Betriebe
und Kleinstkunden im ländlichen Indien, die über
Mikrofinanzdienstleistungen am Wirtschaftsleben teilnehmen.
Mit Sozialromantik hat das Anlegen mit gutem Gewissen aber wenig zu tun,
letztlich ist ein Investmentfonds ein Investmentfonds und die Rendite für
den Anleger wichtig. Wenn sich ein Unternehmen über einen gewissen Zeitraum
schlechter entwickelt als der Markt, kommt es auf Mozers Verkaufsliste. „Es
gibt also keine Lieblingsaktien, an denen wir auf Biegen und Brechen
festhalten“, sagt er. Die Ausrichtung müsse stimmen, und der Anleger soll
damit Geld machen können. Mit dieser Strategie haben Mozer und sein Team
seit Auflegung des Fonds einen Wertzuwachs von rund 18 Prozent erzielt, das
Anfangsvolumen von zehn Millionen Euro konnten sie inzwischen verdoppeln.
8 Aug 2014
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