# taz.de -- Fragwürdige Versicherungs-Investitionen: Rente aus Schmutzgeld | |
> Rentenversicherungen legen das Geld ihrer Kunden oft in ethisch | |
> problematischen Unternehmen an – etwa im Rüstungs- und Gentechnikbereich. | |
Bild: Atombetriebenes U-Boot von BAE Systems: Der Fonds DWS Global Value invest… | |
BERLIN taz | Wer Geld fürs Alter beiseitelegt, der wünscht sich einen | |
Lebensabend ohne Geldnot. Wünscht er oder sie sich auch mehr Geld für | |
Rüstungsindustrie, Ölkonzerne oder Agrochemiefirmen? Umfragen zeigen: eher | |
nicht. Dennoch investieren fondsgebundene Rentenversicherungen das Geld | |
ihrer Kunden oft in ethisch und ökologisch fragwürdige Unternehmen. | |
Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Umweltschutzorganisation | |
Urgewald, die am Freitag in Bonn vorgestellt wird und der taz vorab vorlag. | |
Untersucht wurden die gängigsten zehn Versicherungen in Deutschland – | |
Aachen & Münchener, Zürich Versicherung, Heidelberger Leben, Allianz, | |
Signal Iduna, Cosmos Direkt, HDI, Nürnberger Versicherung sowie die | |
Versicherungen der Sparkassen und Volksbanken – und deren beliebteste | |
Fonds. | |
Das Geld der Kunden steckte dabei in insgesamt 384 Firmenbeteiligungen. Der | |
Fonds DWS Global Value investierte zum Zeitpunkt der Recherche etwa in den | |
Rüstungskonzern BAE Systems, der unter anderem atombetriebene U-Boote | |
entwickelt; angeboten wird der Fonds vom Versicherer Aachen Münchener. | |
Die Sparkassen vertreiben Fonds, die im vergangenen Jahr in Aktien der | |
Ölkonzerne Exxon Mobil und Royal Dutch Shell investiert haben. Und die | |
Nürnberger Versicherung steckt Kundengeld unter anderem in einen Fonds, der | |
Papiere von Monsanto gekauft hat – bekannt für Gentechnik-Saatgut und | |
Pestizide, die wegen Gesundheitsbedenken in der Kritik stehen. | |
„Wir waren erschrocken, wie viele problematische Firmen sich in einem | |
Standardversicherungsprodukt finden“, schreibt Urgewald in der Analyse, die | |
Teil einer Geldanlage-Broschüre für Verbraucher („Was macht eigentlich mein | |
Geld?“) ist. Dabei hatten Brancheninsider von einem Mentalitätswandel | |
gesprochen, seitdem eine Umfrage von Finanztest im Jahr 2011 ergeben hatte, | |
dass damals ausgerechnet bei der staatlich geförderten | |
Riester-Altersvorsorge Investitionen in Hersteller der international | |
geächteten Streumunition möglich waren. | |
## Kaum Veränderung seit 2009 | |
Insgesamt ist das Angebot ökologisch und sozial ausgerichteter Produkte | |
deutlich gestiegen. Laut einer Studie des Magazins Ecoreporter hat sich das | |
Volumen offener Nachhaltigkeitsfonds in Deutschland seit dem Jahr 2000 | |
verzwanzigfacht – auf heute mehr als 30 Milliarden Euro. Kaum eine Firma | |
verzichtet noch auf Produkte mit ökologischem und sozialem Anspruch. | |
Seit 2009 haben sich die investierten Summen in diesem Bereich allerdings | |
kaum verändert. Viele Kunden kommen nach wie vor nicht mit nachhaltigeren | |
Anlagen in Berührung, weil sie bei ihrer Bank nicht nachfragen und weil der | |
Anlageberater solche Produkte nicht von sich aus erwähnt. „Da nachhaltige | |
Investitionen oft keine deutlichen Renditevorteile im Vergleich zu | |
konventionellen haben, ändern die Kundenberater ihre Empfehlungen kaum“, | |
sagt Jörg Weber, Geschäftsführer der Firma Eco-Effekt. | |
Das bestätigen Nachfragen: „Ethische Standards oder | |
Nachhaltigkeitsstandards dürften sich die wenigsten Genossenschaftsbanken | |
auferlegt haben“, sagt Steffen Steudel vom Volksbanken-Bundesverband BVR. | |
„Die Frage der Nachhaltigkeit wird für unsere Kunden wichtiger. Die | |
Beratung läuft aber nicht grundsätzlich anders ab als früher“, ergänzt | |
Michaela Roth, Pressesprecherin beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband. | |
Dabei werden spezielle Schulungen nicht mehr nur vom größten Anbieter | |
Eco-Effekt, sondern auch zum Beispiel von der privaten Frankfurt School | |
angeboten, wo sich Bankmitarbeiter zum „Certified Sustainability | |
Investments Adviser“ ausbilden lassen können. Doch solche Angebote werden | |
überwiegend von Beratern besucht, die ohnehin für ökologisch ausgerichtete | |
Banken wie GLS, Ethik-Bank oder Triodos arbeiten. Jörg Weber: „Wir bekehren | |
zum Großteil die Gläubigen.“ | |
11 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Moritz Schröder | |
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