# taz.de -- Start-Up in Chile: Ein Skateboard aus Müll | |
> Die Ozeane dienen als Müllhalde für alte Fischernetze. Ein Start-up will | |
> das ändern – und hat eine rollende Verwendung für den Plastikabfall | |
> gefunden. | |
Bild: In chilenischen Küstenorten Sammelstationen wurden errichtet, in denen F… | |
Sie treiben herrenlos durch die Meere und werden zur tödlichen Falle für | |
Fische, Säugetiere und Vögel: sogenannte Geisternetze. Die alten, | |
losgerissenen oder anderweitig über Bord gegangenen Fischernetze stellen | |
laut WWF rund ein Zehntel des Plastikmülls in den Ozeanen dar – etwa | |
640.000 Tonnen. Das Kunststoffmaterial zersetzt sich teilweise erst nach | |
Jahrzehnten, und so fischen die Netze weiter, ohne dass der Fang je | |
eingeholt wird. | |
In Chile hat ein Start-up-Unternehmen jetzt Verwendung für den Müll | |
gefunden: Bureo Skateboards stellt aus alten Netzen neue Rollbretter her. | |
„Wir haben immer am Meer gelebt und gesurft“, sagt Ben Kneppers, einer der | |
drei Gründer. „Und wir wollten etwas verändern.“ Dazu haben sie nun die | |
Formel gefunden: Aus je 2,8 Quadratmeter Netz machen sie ein Board. | |
Kneppers und Co haben in chilenischen Küstenorten Sammelstationen | |
errichtet, in denen Fischer ihre alten und kaputten Netze abgeben können, | |
anstatt sie im Meer zu entsorgen. | |
„Die Fischerei-Industrie unterstützt uns, indem sie die Netze in leeren | |
Lkws für uns nach Santiago de Chile transportiert“, sagt der US-Amerikaner. | |
Mithilfe der Trucks, die auf diesen Strecken ansonsten unbeladen wären, | |
vermeidet Bureo eigene Transporte – und damit eine zusätzliche | |
Umweltbelastung. | |
In der chilenischen Hauptstadt werden in einer Recylingfabrik aus den | |
Netzen dann Skateboards. „Wir haben das Material vorher getestet und es ist | |
extrem langlebig“, sagt der 30-Jährige über die Qualität des Netzmülls. D… | |
Maschinenbauingenieur und Nachhaltigkeitsexperte setzt beim | |
wirtschaftlichen Erfolg auf die Beliebtheit von kleinen Plastikboards: „Man | |
sieht sie zurzeit überall, sie verkaufen sich sehr gut“, sagt Kneppers. | |
Gegen die oft günstigere Konkurrenz will Bureo auch mit dem Umweltaspekt | |
punkten. Mit einer [1][Kampagne bei der Crowdfunding-Plattform Kickstarter] | |
erzielte die junge Firma schon einen Erfolg: Sie sammelte dort mehr als | |
64.000 Dollar ein – anstatt erhoffte 25.000. Die Produktion der ersten | |
2.000 Bretter ist damit finanziert. | |
Bevor sie mit Bureo richtig durchstarteten, holten sich Kneppers und seine | |
Partner David Stover (28) und Kevin Ahearn (28) Rat beim ehemaligen Chef | |
der Outdoor-Marke Patagonia, Michael Crooke. Dann setzen sie alles auf eine | |
Karte und gaben ihre Jobs auf: Kneppers als Nachhaltigkeitsberater in | |
Santiago de Chile, Finanzfachmann Stover beim Wirtschaftsprüfer Ernest & | |
Young und Ahearn als Ingenieur bei Flugzeugbauer Boeing. | |
Alle drei Bureo-Gründer kommen aus den USA, fanden in Chile jedoch das | |
Land, in dem sie ihr Projekt umsetzen konnten. „Manche Leute denken, wir | |
hätten Chile ausgewählt, weil es hier ein größeres Müllproblem gäbe, aber | |
das ist falsch“, sagt Kneppers. „Das Start-Up-Chile-Programm hat uns | |
einfach die finanzielle Möglichkeit und Unterstützung gegeben, um unser | |
Unternehmen zu starten.“ Das staatliche Programm, das Gründer aus aller | |
Welt ins Land locken soll, förderte Bureo nach einer erfolgreichen | |
Bewerbung mit 40.000 Dollar und einem halben Jahr Betreuung. | |
So hat Kneppers bis heute kein eigenes Büro. Er arbeitet in Santiago in | |
einem Co-Working-Space von Start-Up Chile – ohne festen Arbeitsplatz, dafür | |
umgeben von Dutzenden jungen, kreativen Gründern. Dort erzählt er, wie es | |
mit den Brettern weitergeht nach der Produktion in Santiago: „Wir | |
verschiffen sie nach Kalifornien, wo sie mit Achsen, Rollen und Kugellagern | |
unserer US-Partnerfirmen ausgestattet werden.“ Im Juli sollen die ersten | |
Boards fertig sein. | |
## Zielgruppe Kalifornien | |
In Kalifornien sieht Bureo vorerst seine größte Zielgruppe mit rund 4 | |
Millionen potenziellen Kunden, so Kneppers. Zurzeit arbeiten er und seine | |
Kollegen aber auch daran, dass Boards in Zukunft ebenfalls direkt in Chile | |
montiert und verkauft werden können. | |
Was am Ende herauskommt, ist ein Brett, das Kneppers ein „Last-Mile-Board“ | |
nennt, also ein Skateboard, mit dem man etwa morgens gemütlich zum Bäcker | |
fährt, mit dem man im Gegensatz zu manchem Spielzeug-Plastik-Board „aber | |
auch mal heil einen Hügel runterkommt“. | |
Das Brett ist der Form eines Fisches nachempfunden und hat eine Oberfläche, | |
die an Schuppen erinnert. Ein Fisch, der das Plastik auf die Straße bringt. | |
Raus aus dem Meer. Wo es nicht hingehört. | |
7 Jul 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.kickstarter.com/projects/1606305399/bureo-recycled-fishnet-skate… | |
## AUTOREN | |
Timo Nowack | |
## TAGS | |
Müll | |
Meere | |
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