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# taz.de -- Antikriegsaktionen in der Ukraine: Mit Kerzen gegen den Krieg
> Proteste für ein Ende der Antiterror-Operation im Donbass sind bislang
> eher selten. Auch weil die Aktivisten sofort in die prorussische Ecke
> gestellt werden.
Bild: „Lasst die Männer nach Hause!“ Proteste gegen die Einberufung von Re…
KIEW/ODESSA taz | Viktoria Schilowa ist vor allem eins: ukrainische
Patriotin. Gerne lässt sich die Politikerin, die als Fraktionslose zweimal
ein Direktmandat im Bezirksrat der ostukrainischen Metropole Dnipropetrowsk
gewonnen hat, vor einem Porträt des ukrainischen Nationaldichters Taras
Schewtschenko ablichten.
Anfang vergangener Woche führte Schilowa, die Sprecherin der im Juni
gegründeten pazifistischen Gruppe „Anti-Wojna“ ist, eine Demonstration von
60 Frauen aus der ostukrainischen Stadt Charkiw und der Hauptstadt Kiew an.
Die Gruppe demonstrierte vor der „Rada“, dem ukrainischen Parlament, für
ein sofortiges Ende des Krieges im Donbass.
Die Frauen waren nicht allein. Auf ihrem Weg zu dem Platz vor dem Parlament
mussten sie an einem Aufgebot von über hundert Milizionären und einem
Dutzend Angehörigen der nationalistischen Gruppierung „Rechter Sektor“
vorbei. Vor dem Parlament warteten bereits zwei Dutzend vermummte
Mitglieder des „Rechten Sektors“ auf sie.
Kaum hatten sie Lieder angestimmt, Kerzen entzündet und in Sprechchören ein
Ende des Krieges gefordert, wurden sie mit Rufen wie „Ruhm der Ukraine! Tod
den Feinden!“ von den Jugendlichen des „Rechten Sektors“ übertönt. Immer
wieder kam es zu Handgreiflichkeiten gegen die Frauen, bei denen eine Fahne
der „Frauenbewegung von Charkiw“ und ein Fotoapparat vernichtet wurden. Die
Miliz, die während der Veranstaltung kaum Präsenz zeigte, schritt auch dann
nicht ein, als unmittelbar neben einer Kundgebungsteilnehmerin aus Charkiw
zwei Feuerwerkskörper explodierten.
„Viele unterstützen unsere Antikriegsaktionen“ berichtet Schilowa gegenüb…
der taz. „Doch viele haben Angst, ihre Ablehnung des Krieges offen zu
zeigen. In meiner Heimatstadt Dnipropetrowsk wurden kürzlich zwei junge
Frauen einen Tag nach einer Aktion gegen den Krieg verhaftet. Bei einer
Hausdurchsuchung hatte man angeblich Granaten in der Wohnung gefunden.“
Trotzdem ist Schilowa optimistisch. Irgendwann, in der nächsten Zeit,
würden immer größere Teile der Bevölkerung den Krieg offen ablehnen.
## „Es gibt keine Antikriegsbewegung in der Ukraine“
Der Linke Wolodymyr Ischtschenko ist da weniger optimistisch. „Es gibt
keine Antikriegsbewegung in der Ukraine“, antwortet er auf die Bitte nach
Informationen über die Bewegung. Nur sehr vereinzelt und unkoordiniert, so
Ischtschenko, stellten sich die Menschen offen gegen den Krieg.
Ischtschenko ist Mitorganisator einer für Anfang September in Kiew
geplanten Friedenskonferenz sozialdemokratischer, sozialistischer und
marxistischer Gruppen. Als prominenten Redner wollen die Kriegsgegner den
russischen Dumaabgeordneten Ilja Ponomarjow einladen. Dieser hatte als
Einziger gegen die Annexion der Krim gestimmt.
Vielfach richteten sich die jüngsten Proteste, so Ischtschenko, gar nicht
gegen den Krieg. Man greife lediglich bestimmte Missstände auf, wie die
schlechte Ausrüstung und Versorgung der Armeeangehörigen. Sammelaktionen
für kugelsichere Westen der Armeeangehörigen könne man nun wirklich nicht
als Antikriegsaktionen bezeichnen.
Ischtschenko tritt für einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen
über den weiteren Status des Donbass ein. In einem nächsten Schritt müsse
das Recht auf Selbstbestimmung des Donbass umgesetzt werden. Dieses Recht
könne nur durch ein unter internationaler Beobachtung organisiertes
Referendum verwirklicht werden.
Doch nicht nur in Kiew regt sich Widerstand gegen die
„Antiterroroperation“, sondern auch in Odessa. Jedoch ist es um die dortige
„Antikriegsbewegung der Ukraine“ ruhig geworden. Diese hatte Anfang Juni
bei einer Demonstration mit hundert Teilnehmern vor dem Kreiswehrersatzamt
Odessas Präsident Petro Poroschenko zur Einstellung der Antiterroroperation
und Russland zur Beendigung der militärischen Unterstützung der
Aufständischen aufgefordert.
In der stark polarisierten Situation, so ein Mitglied der Gruppe, trauten
sich die Menschen nicht, erneut auf die Straße zu gehen. Sie würden von den
Medien und den Behörden sofort in die prorussische Ecke gestellt. Zwar
seien er und seine Mitstreiter für eine Föderalisierung der Ukraine. „Aber
mit Russland wollen wir nichts zu tun haben“, sagt er.
Eines ist allen ukrainischen Gruppen, die für ein sofortiges Ende der
Antiterroroperation eintreten, gemein: mit Separatisten, die russische
Fahnen schwenken, will niemand in Verbindung gebracht werden.
13 Aug 2014
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine
Donbass
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Ostukraine
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Russland
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Donezk
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