# taz.de -- Hilfe für die Ostukraine: „Erst Panzer und Banditen, dann Salz“ | |
> Ministerpräsident Jazenjuk kritisiert die russische Hilfsaktion als | |
> „grenzenlosen Zynismus“. Kiew plant derweil einen eigenen Konvoi in die | |
> Ostukraine. | |
Bild: Der russische Hilfskonvoi auf dem Weg Richtung ukrainischer Grenze. | |
MOSKAU/DONEZK dpa | Die Regierung in Kiew hat eine breite Unterstützung für | |
die notleidenden Menschen in der Ostukraine angekündigt. An diesem | |
Donnerstag soll ein eigener Transport mit Hilfsgütern auf den Weg gebracht | |
werden, sagte die Ostukraine-Beauftragte Irina Geraschtschenko am Mittwoch. | |
Unklar blieb, wie es mit dem russischen Hilfskonvoi für die Ostukraine | |
weitergeht. Wo und wann der Konvoi aus 280 Lastwagen die Grenze | |
überschreiten wird, blieb bis zum frühen Morgen jedoch unklar. | |
Mit Spannung wird eine Grundsatzrede von Kremlchef Wladimir Putin am | |
Donnerstag in Jalta auf der Krim erwartet. Auf der von Russland | |
annektierten Halbinsel sind anlässlich des Putin-Besuchs viele russische | |
Spitzenpolitiker. Wie der Kreml mitteilte, stünde auf dem Programm auch | |
eine Diskussion über Schlüsselprobleme des Landes. | |
Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk kritisierte die russische | |
Hilfsaktion als „grenzenlosen Zynismus“. „Erst schicken sie Panzer und | |
Banditen in die Ukraine, dann Wasser und Salz“, sagte er. | |
Präsidentensprecher Swjatoslaw Zegolko äußerte sich diplomatischer. „Kein | |
zivilisiertes Land lehnt humanitäre Hilfe ab“, sagte er. | |
Wegen der Gefechte zwischen Militär und prorussischen Separatisten hat die | |
Großstadt Lugansk seit elf Tagen keinen Strom, kein Wasser und keine | |
Medikamente. Die Kolonne soll 2.000 Tonnen Hilfsgüter transportieren, | |
darunter sind Medikamente, Lebensmittel und Stromgeneratoren. Das | |
Internationale Komitee vom Roten Kreuz kündigte an, die Fracht zu | |
übernehmen und zu verteilen. | |
Moskau hatte Vorwürfe, prorussische Separatisten mit Waffen oder Kämpfern | |
zu unterstützen, stets zurückgewiesen. Kremlsprecher Dmitri Peskow | |
bezeichnete Befürchtungen als "absurd", im russischen Konvoi könnten Waffen | |
versteckt sein. Über den geplanten ukrainischen Transport sagte Jazenjuk, | |
die Regierung stelle zehn Millionen Griwna (etwa 580.000 Euro) für den Kauf | |
notwendiger Waren bereit. Hinzu kämen sechs Millionen Dollar (etwa 4,5 | |
Millionen Euro) von den Vereinten Nationen. Auch die EU hatte bereits 2,5 | |
Millionen Euro zugesagt. | |
## Opferzahl verdoppelt | |
Die von der UN genannte Zahl von 2.086 Todesopfern umfasst ukrainische | |
Soldaten, pro-russische Rebellen und Zivilisten, die von Mitte April bis | |
zum 10. August getötet wurden, wie Cecile Pouilly, eine Sprecherin der | |
UN-Hochkommissarin für Menschenrechte (OHCHR) in Genf sagte. Die neue | |
Schätzung – etwa doppelt so hoch wie eine Ende Juli veröffentlichte Zahl – | |
beinhalte zuvor noch nicht gemeldete Opfer. | |
Regierungstruppen und prorussische Separatisten lieferten sich im | |
Krisengebiet Donbass erneut heftige Gefechte. Die Armee griff mehrere | |
Stellungen der Aufständischen in der Region Donezk an, wie die Agentur | |
Interfax meldete. Unter anderem versuchte die Armee, die Städte Gorlowka | |
und Jenakiewo einzukreisen. Der Stadtrat von Donezk teilte mit, die ganze | |
Nacht seien Explosionen zu hören gewesen. Mindestens fünf Zivilisten seien | |
getötet worden. Damit sei die Zahl der Toten seit Wochenbeginn auf etwa 60 | |
gestiegen, sagte ein Sprecher der Aufständischen. | |
Andrej Lyssenko vom ukrainischen Sicherheitsrat sagte, dass seit Dienstag | |
elf Soldaten ums Leben gekommen und 41 verletzt worden seien. Die militante | |
Bewegung Rechter Sektor teilte zudem in Kiew mit, dass zwölf ihrer Anhänger | |
bei Kämpfen im Krisengebiet getötet worden seien. Im Konfliktgebiet | |
Lugansk, wo es seit mehr als zehn Tagen keinen Strom und kein Wasser gibt, | |
warteten die Menschen dringend auf Hilfe. In der Großstadt leben rund | |
250.000 Menschen. Die russischen Lastwagen sollten zum Grenzübergang | |
Schebekino bei der Großstadt Charkow nördlich des Krisengebiets fahren. | |
Völlig unklar war aber, ob der Konvoi die Grenze passieren darf. | |
Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow teilte mit, dass der russische | |
Konvoi nicht das Gebiet Charkow durchqueren dürfe. Einen Grund für den | |
Kurswechsel nannte Awakow nicht. Russlands Außenminister Sergej Lawrow | |
hatte betont, dass alle Einzelheiten mit der ukrainischen Regierung | |
besprochen seien und der Konvoi nach Schebekino fahre, obwohl das ein Umweg | |
sei. Moskau stimmte überdies zu, dass an der Grenze ukrainische Kennzeichen | |
an den Fahrzeugen montiert würden. Zudem sollten Rotkreuz-Mitarbeiter die | |
Führung der etwa drei Kilometer langen Kolonne übernehmen. | |
14 Aug 2014 | |
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