# taz.de -- Ausbau von Aquakulturen in Deutschland: Wider die Raubfische | |
> Der Wildfang auf hoher See wird knapp – deutsche Züchter wollen mehr | |
> Fisch in Aquakulturen. Am besten wären Pflanzenfresser wie Karpfen. | |
Bild: Karpfen beim Kuscheln | |
HAMBURG taz | Fisch wird knapper. Zwar gelten weltweit nur noch ein Viertel | |
der Bestände als „überfischt“, doch nimmt der Anteil der Reviere ab, in | |
denen zukünftig noch mehr Fisch gefangen werden kann. Auf 15 bis 20 Prozent | |
der Weltmeere schätzen Fischereiexperten die verblieben Mehrwertregionen. | |
Vor diesem Hintergrund machte sich der Deutsche Fischerei-Verband (DFV) auf | |
seinem gestern beendeten Verbandstag in der Binnenstadt Fulda für einen | |
rasanten Ausbau der Aquakulturen stark. Von der Bundesregierung forderte | |
DRV-Präsident Holger Ortel, dass „die Hemmnisse abgebaut werden“. Es geht | |
Ortel um Umweltschutz, Bau- und Wasserrechte sowie um Subventionen. | |
Umweltverbände wie Greenpeace oder WWF warnen vor negativen Folgen der | |
Fischzucht an Land: Antibiotika gegen Würmer, Überdüngung durch Nährstoffe | |
oder die Entnahme von Süßwasser seien ökologische Fallen. Einen Mangel an | |
Nachhaltigkeit monieren auch Wissenschaftler. „Jede Massenproduktion hat | |
ihre Probleme“, zweifelt man im staatlichen Thünen-Fischinstitut am | |
vermeintlichen Wundermittel gegen den Hunger der Welt: „Auch Aquakultur | |
kann man nicht beliebig ausweiten“, sagte Ralf Döhring der taz. | |
In Europa werden zudem vor allem Raubfische, wie der Lachs, verspeist: Die | |
benötigen jedoch Seefisch in Form von Öl und Mehl als Grundnahrungsmittel. | |
Eine Abkopplung von Wildfängen, so Döhring, könne es also nicht geben. Zum | |
anderen sei an den politischen Rahmenbedingungen wie der | |
EU-Wasserschutzrichtlinie nicht zu rütteln, und der Eintrag von Nährstoffen | |
in Seen und Fließwässer etwa aus der hierzulande beliebten Forellenzucht | |
stieße daher schnell an Grenzen. | |
Sehr skeptisch, ob ein Ausbau der Aquakultur in Deutschland und Europa | |
gelingen könne, ist Thünen-Fischerökonom Döhring auch aus wirtschaftlichen | |
Gründen. Die Kostenbedingungen in Südostasien oder Südamerika, den globalen | |
Schwerpunkten der marinen Produktion, seien schon aufgrund des warmen | |
Klimas unschlagbar. Hierzulande müssten Farmen beispielsweise beheizt | |
werden. | |
Döhring plädiert trotzdem für einen Ausbau, da man dann die ökologischen | |
Rahmenbedingungen selber in der EU setzen könnten. „Wir sollten viele | |
kleine Sachen machen.“ So experimentieren Thünen-Forscher mit | |
Kreislaufanlagen, in denen die Nährstoffe erhalten bleiben – oder mit | |
Fischzucht unter Offshore-Windparks. Sinnvoller als die Zucht von | |
Raubfischen wäre die von Grünfressern wie Pangasius oder Karpfen. Fisch- | |
und Pflanzenproduktion ließen sich dadurch verzahnen: Fischkot als Dünger | |
für das Fischfutter. Dadurch ließe sich für größere Marktnischen „eine | |
Balance zwischen Nachhaltigkeit und Kosten hinkriegen“. | |
29 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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