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# taz.de -- Meeresfischzuchtanlage droht Insolvenz: Kaviar aus Völklingen
> Eine Meeresfischzuchtanlage im Saarland wird zum Millionengrab. 70 Tonnen
> Doraden, Störe und Yellowtail-Kingfische haben keinen Abnehmer.
Bild: Nachdem sie groß geworden sind, sollten sie eigentlich den Umsatz steige…
BERLIN taz | Das spektakulärste Aquakulturen-Projekt in Deutschland steht
vor dem Ruin. Der Schuldenberg der Meeresfischzuchtanlage Völklingen ist
auf über 20 Millionen Euro gewachsen – Insolvenz droht. Im Frühjahr hatten
viele Völklinger noch an ein Happy End geglaubt. Zu Ostern waren die ersten
Doraden in der hochtechnisierten Betonhalle mit den vier großen
Salzwasserbecken schlachtreif geworden. Doch bis heute wurden statt der
erhofften 200 nur 20 Tonnen Meeresfisch verkauft.
600 Kilometer von der Küste entfernt, auf dem Gelände einer ehemaligen
Kokerei, war im Stadtteil Fürstenhausen eine riesige
Salzwasser-Meeresfischzuchtanlage gebaut worden. Das weltweit einzigartige
Projekt sollte der ehemaligen Kohle- und Stahl-Region wieder Hoffnung
geben.
Die Stadtwerke, Initiator und Besitzer, träumten von Ruhm und Reichtum. Mit
so einer Anlage könnte man Meeresfische, ja sogar Kaviar, überall auf der
Welt im großen Stil produzieren, glaubte man. Selbst aus Oman und Katar
sollen Anfragen gekommen sein.
Allerdings: Die Technik dieser Anlage, die auch Strömungen erzeugt, um die
Muskeln der Fische straff zu halten, ist aufwendig, Erfahrungen mit derart
großen Aquakulturen gibt es nicht.
## Der Plan: Günstiger Strom durch Exkremente
Und so kam es immer wieder zu Verzögerungen, dazu Kostenexplosionen, die
für die Technik verantwortliche Firma ging pleite. Auch die Biogasanlage,
die mit Bio-Haushaltsmüll und Exkrementen der Fische günstigen Strom
erzeugen sollte, wurde nie gebaut. Zudem existiert bis heute kein
vernünftiges Marketing- und Verkaufskonzept. Im Becken der Störe breitete
sich dann noch eine Fischkrankheit aus.
Um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, nahmen die Stadtwerke inzwischen
Darlehen auf. Der Geschäftsführer wurde fristlos entlassen. „Fischzucht
schnappt nach Luft“, höhnte die Lokalpresse. Die Krisenmanager um
CDU-Bürgermeister Wolfgang Bintz suchen nun verzweifelt nach Investoren.
Nur die Schweizer Ocean Swiss Seafood AG ist noch am Ball. Übernimmt sie
den Blamage-Bau am Ende für einen symbolischen Euro? Was passiert mit den
Wolfsbarschen, Doraden, Stören und Yellowtail-Kingfischen – insgesamt 70
Tonnen –, die täglich größer werden, für die es aber keinen Abnehmer gibt?
Nach einer Anzeige von Tierschützern hat das Veterinäramt bereits die
Anlage inspiziert, um die Besatzdichte zu prüfen. Wenn die Fische weiter
wachsen, könnte es eng werden. Meeresfische in Völklingen – „da können w…
auch Ananas züchten“, hatte Linken-Stadtrat Paul Ganster vor vier Jahren
gesagt. Jetzt sagt er: „Tut mir leid, dass ich recht behalten habe!“
Mehr zu diesem Thema in der [1][aktuellen zeo2]. Das von der taz
herausgegebene Umweltmagazin ist jetzt am Kiosk erhältlich.
11 Dec 2014
## LINKS
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## AUTOREN
Manfred Kriener
## TAGS
Fische
Insolvenz
Patente
Landwirtschaft
Fischerei
Aquakultur
Fischerei
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