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# taz.de -- Globaler Energiemarkt: Das Fünf-Billionen-Dollar-Problem
> 2013 war ein Rekordjahr für erneuerbare Energien. Das heißt aber nicht
> viel. Öl und Gas boomen auch. Vor allem Fracking macht Erdgas attraktiv.
Bild: Boomt immer noch: Gas. Ein Speicher in Rehden, der größte in West-Europa
BERLIN taz | Die Marktmacht der globalen Öl- und Gaskonzerne ist
ungebrochen, trotz des Booms erneuerbarer Energien. Nathaniel Bullard,
Analyst beim Wirtschafts-Informationsdienst Bloomberg New Energy Finance,
kam in einer in dieser Woche veröffentlichten Untersuchung auf gewaltige
Summe: Die rund 1.800 weltweit an Börsen notierten Öl-, Gas- und
Kohlekonzerne kommen auf einen Wert von fast 5 Billionen US-Dollar.
Dazu addieren sich Hunderte von Milliarden Dollar an Schulden der Firmen
bei Banken, großen Versicherern, Pensions- und Hedgefonds und Staaten,
womöglich also auch bei den LeserInnen dieses Artikels.
Gleichzeitig vermeldet die Internationale Energy Agentur IEA ein
Rekordwachstum bei erneuerbaren Energien. Binnen eines Jahres wuchs der
Anteil an weltweit erzeugtem Strom um ein Prozentpunkt auf 22 Prozent. Mehr
als drei Viertel davon macht die Wasserkraft aus, das Wachstum allerdings
stammt vor allem aus dem Wind- und Solarboom in China.
Allerdings ist es mitnichten so, dass der Markt für fossile Energieträger
in dem Maße schrumpft, in dem erneuerbare Energien wachsen. Beide Sektoren
wachsen weltweit einfach parallel. Zwar steigt der Anteil erneuerbarer
Energien im Stromsektor. Allerdings wird die Hälfte der Energie weltweit
verheizt, ein Viertel geht für die Mobilität drauf – und in beiden Sektoren
dominieren Öl, Gas und Kohle.
## Öl und Gas unschlagbar attraktiv
Dazu kommen weitere Probleme: Globale Öl- und Gaskonzerne sind für Anleger
unschlagbar attraktiv. „Die Konzerne haben keinerlei Probleme. Sie sind
groß, sie wachsen, sie zahlen bar, das mögen Anleger“, sagt Bullard.
Die wenigen Fonds und Banken, die sich bewusst aus der Finanzierung solcher
Firmen zurückziehen und ihr Geld stattdessen in erneuerbare Energien
stecken, sogenanntes Deinvestment, sind gemessen an den globalen
Finanzströmen kaum wahrnehmbar. „Deinvestment ist weniger als eine Nadel im
Heuhafen“, heißt es in der Bloomberg-Analyse.
Politische Entscheidungsträger sind in einigen Ländern zudem kaum
unabhängig. Unter den zehn größten Anteilseignern im Öl- und Gassektor
finden sich vier Staaten: Russland, Kolumbien, Norwegen und Indien. Andere
Staaten und öffentliche Unternehmen wiederum haben Geld bei den größten
privaten Investoren im Öl- und Gassektor angelegt, etwa BlackRock, JPMOrgan
oder Vanguard.
## Politik in fossilen Energiesektor verwickelt
Zudem sind in vielen anderen Staaten Konzerne mit Umsätzen in der
Größenordnung des deutschen Bundeshaushalts ansässig. „Eine Architektur f�…
ein Deinvestment aus fossilen Energien braucht neue Strukturen und Anlagen
und nicht nur alternative Energien“, lautet das Fazit von Bloomberg.
Momentan sind Anlagen in grüne Energien – gemessen an Risiko, Ertrag und
Größe – Ergänzungen und keine Alternative. Einzige Ausnahme bildet, so
schreibt Ballard, die Kohle.
Dieser Sektor, gerade mal 5 Prozent des Wertes der Öl- und Gaskonzerne,
wird für Investoren immer unattraktiver. Das liegt tatsächlich an der
Konkurrenz durch erneuerbare Energien, aber auch an einem anderen fossilen
Energieträger: Erdgas, das wegen des Frackingbooms in den Vereinigten
Staaten immer billiger wird.
## Politische Umsteuerung ist notwenig
Ohne eine bewusste politische Umsteuerung scheint es also nicht zu gehen.
Zu diesem Schluss kommt auch die IEA in ihrem jetzt veröffentlichten
Marktausblick für erneuerbare Energien. Die IEA untersucht die globalen
Märkte im Auftrag der OECD-Staaten, also vieler EU-Länder, der USA oder
Japan. Abgesehen von dem Rekordzuwachs im Jahr 2013 prognostizieren die
Analysten der IEA keinen weiteren Zuwachs an jährlichen Investitionen in
erneuerbare Energien bis 2020. Er könnte bei etwa 250 Milliarden Dollar per
annum stagnieren.
Das klingt nach viel, reicht aber nicht, um den Weltenergiemix schnell
genug umzusteuern. „Das Wachstum ist weit von dem entfernt, was wir
brauchen, um verantwortungsvolle Klimaziele zu erreichen“, konstatiert
IEA-Chefin Maria van der Hoeven. Zählt man alle Kraftwerke zusammen, die
weltweit bis 2020 gebaut werden, stammt nur ein Drittel des Stroms aus
diesen neuen Kraftwerken aus erneuerbaren Energien.
Auch den Grund dieser Entwicklung nennt die IEA – und bestätigt damit den
Bloomberg-Bericht. Zwar sind Wind- und Solarkraft in vielen Ländern heute
ohne Förderung in der Preisklasse neuer fossiler Kraftwerke angekommen.
Allerdings sind Investoren verunsichert, weil sich die Politik vor allem in
Europa mehr und mehr um die Probleme der fossilen Stromerzeuger sorgt.
31 Aug 2014
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
fossile Energien
Erneuerbare Energien
Gas
Fracking
Kohle
Klima
Erdbeben
Schwerpunkt Klimawandel
Energie
Kolumbien
Energiewende
Heizung
Greenwashing
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