# taz.de -- Ex-Banker über das Weltwirtschaftsforum: „Die fossile Ära ist v… | |
> Sony Kapoor ist als „young global leader“ in Davos eingeladen. Er | |
> plädiert dafür, Investments aus fossilen Firmen abzuziehen. Und jetzt? | |
Bild: Auf Dauer wirklich keine lohnende Investition mehr: Kohle | |
taz: Das Weltwirtschaftsforum (WEF) stellt man sich vor als Veranstaltung | |
älterer, konservativer Herrschaften. Nun hat Sie das WEF in den Kreis | |
seiner sogenannten young global leader aufgenommen. Was hat das zu | |
bedeuten? | |
Sony Kapoor: Das Forum ändert sich. Es will verstärkt unterschiedliche | |
Gruppen der Weltgesellschaft zusammenbringen und ihnen dafür einen | |
geschützten Raum bieten. Deswegen laden die Organisatoren auch | |
Meinungsführer der Zivilgesellschaft ein. Außerdem spielen zunehmend junge | |
Akteure wichtige Rollen in Politik und Ökonomie. Denken Sie an den | |
italienischen Regierungschef Matteo Renzi, der gerade erst 40 Jahre alt | |
wurde, oder den 30-jährigen Mark Zuckerberg von Facebook. Auf diese | |
Entwicklung reagiert das Forum. | |
Sie betreiben eine Kampagne für den Kapitalabzug aus Industrien, die | |
Energie mit Kohle, Erdöl oder Erdgas herstellen. Sie sollen finanziell | |
unter Druck gesetzt werden, damit sie ihre klimaschädliche Geschäftspolitik | |
ändern. Ob das so funktioniert, ist noch fraglich. | |
Nein, es ist mehr. Das Thema steht auf der politischen Agenda. Ein | |
Beispiel: Vor einigen Jahren engagierte mich die norwegische Regierung als | |
Berater. Ich sollte die Kapitalanlagen des nationalen Investitionsfonds | |
bewerten. Dabei kam heraus, dass 15 bis 20 Prozent dieser öffentlichen | |
Mittel, die für Zukunftsaufgaben zur Verfügung stehen sollen, in | |
Unternehmen der fossilen Energien investiert waren. So riet ich der | |
Regierung, einen Teil des Geldes stattdessen in erneuerbare Energien zu | |
stecken. | |
Ist Norwegen dem Rat gefolgt? | |
Die Regierung hat einen kleinen Pilot-Investitionsfonds aufgelegt, der sich | |
auf saubere Energie konzentriert. Aber Divestment, der Verkauf von Aktien | |
fossiler Energieunternehmen, ist bisher nicht passiert. | |
Früher haben Sie bei der Investmentbank Lehman Brothers gearbeitet. Solche | |
Banken legen ihr Kapital häufig mit kurzfristiger Perspektive an. Innerhalb | |
von fünf oder zehn Jahren muss der Profit fließen. Weltweiter Klimaschutz | |
ist dagegen eine langfristige Angelegenheit. Warum sollten sich Ihre | |
Exkollegen dafür interessieren? | |
Die Investoren erkennen allmählich, dass sie mit Anlagen in | |
Kohlenstofffirmen schon heute ein Risiko eingehen. Die gegenwärtigen | |
Aktienpreise spiegeln ja auch die Erwartung wider, dass in Zukunft | |
bestimmte Renditen fließen. Die Aussichten können sich schnell ändern, | |
beispielsweise, wenn dieses Jahr ein starkes Klimaschutzabkommen in Paris | |
ausgehandelt wird. Weil mehr Klimaschutz die Geschäftsaussichten der | |
fossilen Industrien verschlechtert, würden die Aktienpreise sinken und | |
damit auch die Werte der Portfolios der Investoren. Sich vor dem | |
Wertverlust ihrer fossilen Kapitalanlagen zu schützen, sollte ein | |
Bestandteil der Risikoanalyse besonders der öffentlichen Investmentfonds | |
werden. | |
Vor zehn Jahren dachte kaum jemand an den kommenden Boom des Öl- und | |
Gas-Frackings in den USA. Was macht Sie jetzt so sicher, dass die Ära der | |
kohlenstoffbasierten Energien tatsächlich zu Ende geht? | |
Sicher ist das natürlich nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit spricht für | |
unsere These. Denken Sie an die einhelligen wissenschaftlichen Befunde zur | |
Gefährlichkeit des Klimawandels und die Ansagen vieler Regierungen, etwas | |
dagegen zu unternehmen. | |
23 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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