| # taz.de -- Flüchtlingsprotest auf dem Dach: Ärzte kritisieren Senat | |
| > Die Verweigerung von Wasser für demonstrierende Flüchtlinge sei | |
| > verantwortungslos, kritisieren Ärzteorganisationen. Vier Männer geben | |
| > Protest auf. | |
| Bild: Die Polizei verweigert den Flüchtlingen auf dem Dach eines Hostels seit … | |
| Die Organisation „Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW) hat in | |
| einem Offenen Brief Innensenator Frank Henkel (CDU) aufgefordert, den | |
| Flüchtlingen auf dem Dach eines Hostels in Friedrichshain „unverzüglich“ | |
| Essen, Trinken und medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Die | |
| Ärztinnen und Ärzte seien „in großer Sorge um die Gesundheit und das Leben… | |
| der Männer, die seit nunmehr elf Tagen ohne Essen und Medikamente sind und | |
| nur wenig Wasser bekommen. „Sollte es zu irreparablen gesundheitlichen | |
| Schäden oder gar Todesfällen kommen, so tragen Sie dafür Verantwortung“, | |
| schreibt die deutsche Sektion von IPPNW [1][in ihrem Brief an Henkel]. | |
| Eine weitere Organisation von Menschen aus medizinischen Berufen | |
| demonstriert aus demselben Grund an diesem Samstag vor der | |
| Polizeiabsperrung in der Gürtelstraße. Der Arbeitskreis „Gesundheit und | |
| Menschenrechte Berlin“ vom Flüchtlingsrat will ab 13 Uhr versuchen, den | |
| Flüchtlingen Wasser aufs Dach zu bringen. | |
| Am 26. August hatten sich zehn Männer, allesamt nigerische Flüchtlinge aus | |
| Libyen, in einem Dachzimmer eines Hostels verbarrikadiert. Die Polizei | |
| riegelt seitdem die oberste Etage mit dem Dachzugang ab und lässt niemanden | |
| zu den Demonstranten vor. Die Flüchtlinge protestieren mit ihrer Besetzung | |
| gegen die Ausweisung von inzwischen 138 von 560 Oranienplatz-Flüchtlingen | |
| aus Berlin. Nach Lesart des Senats haben die Betroffenen kein Recht, sich | |
| weiter in der Hauptstadt aufzuhalten, weil sie in anderen Bundesländern | |
| registriert sind. | |
| Dagegen beharren die Demonstranten auf dem Dach auf der „umfassenden | |
| Prüfung“ jedes Einzelfalls und der Ausnutzung aller rechtlichen | |
| Möglichkeiten, in Berlin Aufenthalt zu bekommen – wie es im | |
| [2][Einigungspapier Oranienplatz] zugesagt worden war. Im Gegenzug hatten | |
| die Flüchtlinge im April ihr Protestcamp am Oranienplatz sowie später | |
| größtenteils auch die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg | |
| geräumt. | |
| Angesichts der Polizeiblockade und der Nicht-Reaktion der Politik haben in | |
| den letzten Tagen vier Männer aufgegeben und sind vom Dach gestiegen. Nach | |
| Auskunft der Rechtsanwältin Berenice Böhlo, die viele Flüchtlinge | |
| anwaltlich vertritt, kümmert sich jetzt eine benachbarte Kirchengemeinde um | |
| die Männer. | |
| Derweil ist die Lage an der Mahnwache in der Gürtelstraße laut einer | |
| Unterstützerin „angespannt“. Am Donnerstag hatte die Polizei die | |
| Dauerkundgebung in Sichtweite der Besetzer hinter die S-Bahnbrücke | |
| verbannt. Seitdem sei der Kontakt aufs Dach schwierig, erklärte die Frau. | |
| Bedrückend sei auch die Stimmung unter den Flüchtlingen an der Mahnwache, | |
| die nicht nur aus der Gürtelstraße, sondern auch aus Heimen in Neukölln und | |
| Spandau verwiesen wurden und jetzt obdachlos seien. „Wir organisieren Nacht | |
| für Nacht Schlafplätze für sie, aber das ist nicht einfach, weil es immer | |
| mehr werden.“ | |
| Um eine Lösung aus der verfahrenen Lage zu finden, versuchte eine Gruppe | |
| von Unterstützern am Freitagvormittag mit dem Innensenator ins Gespräch zu | |
| kommen – vergeblich. Gegen Mittag wurden sie von der Polizei aus dem | |
| Gebäude eskortiert, [3][wie eine Userin twitterte]. | |
| Der Innensenator erklärte am Freitag im Zusammenhang mit der Debatte um | |
| bundesweit steigende Flüchtlingszahlen und den Unterbringungsproblemen, die | |
| daraus auch in Berlin resultieren, die Asylverfahren müssten grundsätzlich | |
| beschleunigt werden. Eine Lockerung der Residenzpflicht, wie sie die | |
| Oranienplatz-Flüchtlinge seit langem fordern, lehne er ab. Sie würde | |
| Großstädte wie Berlin überfordern. "Einige wenige Personen versuchen seit | |
| Monaten, sich in Berlin eine Vorzugsbehandlung zu erpressen, obwohl sie | |
| häufig bereits in anderen Bundesländern versorgt werden", ließ der Senator | |
| per Presseerklärung mitteilen. | |
| Unterdessen erklärte die Grünen-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Antje | |
| Kapek, auf einer Klausur der Fraktion am Freitag, aus ihrer Sicht sei das | |
| in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule geplante Flüchtlingszentrum | |
| wegen der hohen Kosten nicht vom Bezirk zu verwirklichen. Kapek hält es für | |
| realistischer, die gesamte Schule zu einem regulären Flüchtlingsheim | |
| umzugestalten, das dann vom Landesamt für Gesundheit und Soziales | |
| finanziert werden würde. | |
| Bislang war geplant, dass das Lageso nur rund 70 Wohnplätze in dem Haus | |
| unterhält. Ein Zentrum, in dem vornehmlich Projekte und Anlaufstellen für | |
| Flüchtlinge unterkommen sollten, ist für Kapek nur in stark abgespeckter | |
| Fassung möglich, möglicherweise im Pavillon vor der Schule. | |
| 5 Sep 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale_Verantwortung/Henkel_140904.pdf | |
| [2] http://www.berlin.de/rbmskzl/_assets/aktuelles/2014/maerz/einigungspapier_o… | |
| [3] http://twitter.com/search?src=typd&q=%23guertelstr | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
| Stefan Alberti | |
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