# taz.de -- Asyl in Berlin: Flüchtlinge ziehen bitteres Fazit | |
> 13 Tage lang hielten Flüchtlinge ein Dach in Berlin-Friedrichshain | |
> besetzt. Nun erheben sie Vorwürfe gegen die Polizei und die Politik. | |
Bild: 13 Tage hielten die Flüchtlinge auf dem Dach aus. | |
BERLIN taz | Die Dachbesetzer des Flüchtlingsheims in der Friedrichshainer | |
Gürtelstraße erheben schwere Vorwürfe gegen die Berliner Polizei und | |
Politik. So sei es eine Lüge, dass die Protestler regelmäßig von einer | |
Polizeiärztin untersucht wurden, wie Beamte am Samstag erklärt hatten. „In | |
13 Tagen kam zweimal ein Arzt, aber der blieb in zehn Meter Entfernung“, | |
sagt am Dienstag bei einer Pressekonferenz der Dachbesetzer am | |
Oranienplatz, Mohamed Danko aus Niger. | |
Nach dem Ende der Besetzung zieht Danko ein bitteres Fazit: „Es gibt für | |
Flüchtlinge keine Menschenrechte in Deutschland, es gibt hier keine | |
Demokratie und keine Freiheit für Schwarze.“ Am Sonntagabend hatten die | |
Dachbesetzer ihren Protest abgebrochen. Am Dienstag berichten acht von | |
ihnen auf dem Oranienplatz darüber, wie sie während der 13-tägigen Blockade | |
behandelt wurden. | |
Dass die Polizei ihnen 13 Tage lang weitgehend Wasser und Nahrung sowie den | |
Kontakt zu Anwälten oder Pfarrern verweigerte, macht Danko und die anderen | |
Männer immer noch fassungslos. „Ich bin erstaunt, dass der Innensenator | |
unser Abkommen nun für ungültig erklärt. Und dass ein Gericht erlaubt, dass | |
die Polizei uns aushungern darf“, sagt Danko. Drei Tage lang hätten sie gar | |
kein Wasser bekommen, dann täglich eineinhalb Liter für neun Männer, | |
berichtet Ibrahim Amadou. „Dazu gab es ein bisschen Brot für Mohamed, weil | |
er krank ist. Aber für uns andere gab es gar nichts.“ | |
Mohamed Danko, der an Tuberkulose erkrankt ist, bekam nach zwei Tagen zwar | |
seine Medizin von der Polizei, zunächst allerdings ohne Wasser. Dann habe | |
er zwar etwas Wasser bekommen, aber keine feste Nahrung dazu – was sein | |
Arzt als unbedingt nötig erachtet. „Ich habe den Polizisten gefragt: ’Macht | |
man das hier so bei euch?‘ “, sagt Danko. „Und er sagte: ’Ja, so ist das | |
hier.‘ “ | |
Danko, Amadou und ein dritter Mann mit dem Vornamen Saidu berichten auch, | |
dass Polizeibeamte vor ihren Augen das Essen verzehrt hätten, das Anwohner | |
und Pfarrer für die Protestler gebracht hatten. „Die Polizisten haben auch | |
gesagt: ’Wenn ihr nicht runterkommt, werdet ihr sterben. Niemand | |
interessiert sich für euch, ihr werdet vergessen werden.‘ Darum sind wir | |
heruntergekommen, wir wollten nicht sterben“, sagt Saidu. Danko betont: „In | |
Afrika haben wir Hunger und Krieg erlebt, wir kamen hierher, um zu | |
überleben, nicht, um zu sterben.“ Sie seien keine Kriminellen, sondern | |
wollten in Berlin in Frieden leben, studieren und arbeiten. | |
Den Ausschlag für das Ende ihres Protestes habe gegeben, dass Danko in der | |
Nacht zum Sonntag aus Gesundheitsgründen aufgeben musste, erzählt Saidu. | |
Außerdem habe der Pfarrer der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche, der als | |
einziger Nichtpolizist zu ihnen durfte, angeboten, ihnen einen Monat in | |
seiner Gemeinde Unterkunft zu geben. Dort leben sie nun, in Büroräumen ohne | |
Betten oder Rückzugsmöglichkeiten. Wie es danach weitergeht? Die Männer | |
wissen es nicht. | |
9 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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