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# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Am Ende bleibt nur Angst
> Aus Furcht vor einer Abschiebung besetzen Bewohner das Dach einer
> Unterkunft. Der Flüchtlingsrat kritisiert den Senat scharf.
Bild: Ungleicher Dialog: Polizei und Flüchtlinge im Gespräch.
Ein Großteil der Geflüchteten ist der Aufforderung des Landesamtes für
Gesundheit und Soziales (Lageso) nachgekommen, die Flüchtlingsunterkünfte
in Neukölln, Friedrichshain und Marienfelde zu verlassen. Wie viele der 108
Personen die Einrichtungen am Dienstag verließen, stand bis
Redaktionsschluss nicht fest. Canan Bayram, Grüne im Abgeordnetenhaus,
berichtete von einer verzweifelten Stimmung in der Unterkunft in der
Gürtelstraße in Friedrichshain. Dort weigerten sich etwa zehn Geflüchtete,
das Gebäude zu verlassen und besetzten am frühen Nachmittag das Dach. Ein
Mann soll gedroht haben, vom Dach zu springen. Die Polizei riegelte die
Straße ab und verhandelte ergebnislos mit den Flüchtlingen.
Am Abend versuchten Bayram und Hakan Tas, Mitglieder der Linksfraktion im
Abgeordnetenhaus, erneut mit den Menschen zu reden. Ein Bewohner, der nicht
zum Auszug aufgefordert worden war, berichtete von großer Angst unter den
Geflüchteten. Überall im Gebäude befinde sich Polizei, niemand traue sich,
das Zimmer zu verlassen. Er selbst habe Panik, dass auch er bald ausziehen
müsse.
Aus der Unterkunft in Marienfelde berichtete Tas von großer Unsicherheit
unter den betroffenen Geflüchteten. Die Menschen dort könnten nicht
einschätzen, was diese Situation für sie bedeute, ob sie bei einer Rückkehr
in die Bundesländer, aus denen sie nach Berlin kamen, eine Abschiebung zu
erwarten hätten.
Bei den Geflüchteten handelt es sich um einen Teil der Gruppe aus der
sogenannten Oranienplatzeinigung, in der geprüft wird, ob Asylverfahren von
anderen Bundesländern nach Berlin umverteilt und Aufenthalte aus
humanitären Gründen erteilt werden können. Einige Verfahren wurden kürzlich
negativ beschieden. Daraufhin stellte das Lageso die Leistungen für die
Geflüchteten ein und forderte sie kurzfristig auf, die Unterkünfte am
Dienstag zu verlassen.
## Willkürlich und rechtswidrig
Der Berliner Flüchtlingsrat kritisierte den Senat scharf. Die Flüchtlinge
in die Obdachlosigkeit zu schicken, sei willkürlich und rechtswidrig.
Während die Geflüchteten ihren Teil der Abmachung – den Abbau der Zelte auf
dem Oranienplatz und den Auszug aus der Gerhart-Hauptmann-Schule – erfüllt
hätten, halte der Senat seine Zusagen nicht ein.
Ruppig ging es auf der Demo der Flüchtlinge und Unterstützer am Montagabend
zu – die Stimmung bei Polizei und TeilnehmerInnen war angespannt. Wegen
Unklarheiten über Anmelder und Route hatte die Polizei die zu dem Zeitpunkt
etwa 500 DemonstrantInnen zunächst mehr als eine Stunde lang auf dem
Oranienplatz festgehalten. Nach wenigen hundert Metern wurde der Zug dann
auf der Oranienstraße erneut gestoppt. Es kam zu Flaschenwürfen vonseiten
der DemonstrantInnen und Pfeffersprayeinsätzen durch die Polizei.
An der von einer Gruppe der ehemaligen Oranienplatzbesetzer bewohnten
Gerhart-Hauptmann-Schule durfte der nun auf etwa 800 TeilnehmerInnen
angewachsene Demonstrationsszug dann nicht vorbeiziehen, die Polizei lenkte
ihn vorher durch die Forster und die Reichenberger Straße zum Kottbusser
Tor um. Laut Polizei wurden zehn Personen festgenommen. Auch für
Dienstagabend war eine Demonstration angekündigt worden.
26 Aug 2014
## AUTOREN
Alke Wierth
Hilke Rusch
## TAGS
Flüchtlinge
Flüchtlinge
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