# taz.de -- Lauer verlässt die Piraten: Erster Mann über Bord | |
> Berlins Landeschef Christopher Lauer tritt überraschend zurück und | |
> verlässt die Partei. Der 30-Jährige bleibt aber Mitglied der Fraktion. | |
Bild: Ein früher Lauer: im Abgeordnetenhaus 2011. | |
Er ging ans Rednerpult des Abgeordnetenhauses wie so oft und stellte eine | |
Frage, die wie so oft sonst kein anderer stellte: Warum man denn vor einem | |
Apple-Laden am Ku’damm zelten und übernachten dürfe, nicht aber als | |
Flüchtling am Brandenburger Tor, fragte Christopher Lauer am | |
Donnerstagmittag. Gut eineinhalb Stunden, bevor klar war: Lauer, | |
Aushängeschild, bester Redner und Landeschef der Piraten, will nicht mehr | |
Pirat sein. | |
Gegen 14 Uhr machte eine Twittermeldung des Boulevard-Blatts B.Z. die Runde | |
– weiterverbreitet ausgerechnet von Lauer selbst. Darin stand die Nachricht | |
von seinem Rücktritt als Parteivorsitzender und seinem Austritt aus der | |
Piratenpartei. | |
Knapp zwei Stunden später kommt eine Bestätigung vom Mann, der als | |
Fraktionsvorsitzender zwei Reihen vor ihm im Abgeordnetenhaus sitzt: Martin | |
Delius erklärt, dass man die Entscheidung Lauers respektiere – von Bedauern | |
kein Wort. Die Fraktion werde „auch weiterhin gern mit Christopher Lauer | |
zusammenarbeiten“, eine Mitgliedschaft in der Partei sei keine | |
Voraussetzung für die Mitgliederschaft in der Fraktion. Der | |
parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Heiko Herberg, dankt Lauer, | |
„dass er die Piraten immer vor sich hergetrieben hat und dass er das im | |
Abgeordnetenhaus mit der Koalition weiter macht“. | |
Auch Lauer geht davon aus, dass seine Arbeit im Parlament unverändert | |
weitergeht. „Ich bleibe innenpolitischer Sprecher der Piratenfraktion“, | |
sagte er der dpa. Seinen Rücktritt begründete er damit, dass es im Vorstand | |
keine Mehrheit für seine Vorhaben zur Professionalisierung der Partei gebe. | |
Gäbe er sein Parlamentsmandat auf, könnten die Piraten den Sitz nicht neu | |
besetzen: Sie gewannen bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 mit 15 Mandaten | |
genauso viele, wie sie Bewerber auf ihrer Landesliste nominiert hatten – | |
Nachrücker gibt es nicht. Und Nachnominieren ist nicht möglich. Die Partei | |
hatte bei jener Wahl sensationell 8,9 Prozent geholt und damit den | |
kurzzeitigen bundesweiten Siegeszug eingeleitet. Inzwischen, nach vielen | |
parteiinternen Querelen und Wahlniederlagen, sehen Umfragen die Piraten | |
auch in Berlin nur noch bei 4 Prozent. | |
Der 30-jährige Lauer ist eines der bekanntesten Gesichter nicht nur der | |
Berliner Piratenpartei. Er war erst Anfang März mit äußerst knapper | |
Mehrheit zum Berliner Landeschef gewählt worden. Vor der Wahl 2016 müsse | |
der Vorstand wieder politischer werden, hatte er damals gefordert. Lauer | |
hatte in den vergangenen fünf Jahren mehrere Ämter bei den Piraten inne, er | |
war unter anderem Fraktionschef im Abgeordnetenhaus und auf Bundesebene ein | |
Jahr lang politischer Geschäftsführer. | |
Als Redner schockte Lauer nach seinem Parlamentseinzug anfangs mit | |
Formulierungen wie „sich einen von der Palme wedeln“, kassierte aber | |
durchaus auch Lob von der Regierungsseite für seine Auftritte. „Als richtig | |
gut“ befand Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) 2013 eine Rede | |
Lauers, als dieser äußerst pointiert Widersprüche der Grünen-Position zur | |
East Side Gallery analysierte. | |
So viel Lauer über andere spottete, sei es über Twitter oder vom Rednerpult | |
im Abgeordnetenhaus, so wenig nahm er sich und seine Partei davon aus. „Wir | |
sind eine Mannschaft von Volleyballern und spielen auch ganz gut | |
Volleyball“, sagte er 2013 in einem Interview, „das Spiel heißt aber | |
Fußball und hat seine eigenen, erprobten Regeln.“ | |
## Inland SEITE 6 | |
18 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Bert Schulz | |
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Stefan Körner | |
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