# taz.de -- Ex-Pirat steigt bei Springer auf: Die neue Leiter ist da | |
> Einst wurde versehentlich ein Otter nach ihm benannt. Nun ist der | |
> Ex-Pirat Christopher Lauer „Leiter für Strategische Innovationen“ – bei | |
> Axel Springer. | |
Bild: Jetzt auch hauptberuflich Stratege: Christopher Lauer, 2014. | |
BERLIN taz | Dicke Eier, so viel steht fest, haben in diesem Hause ja viele | |
in der Chefetage. Diese neue Personalie passt da ganz gut ins Bild: Der | |
Ex-Pirat und Turboprovokateur Christopher Lauer wird, kein Witz, neuer | |
[1][Leiter für Strategische Innovationen] beim Axel-Springer-Verlag. | |
Damit könnte in der Verlagswelt eine [2][wundervolle Beziehung] beginnen – | |
und der öffentlichen Debatte ein provokationserprobter und kluger | |
Redenhalter abhanden kommen. Denn auf eines war bei Christopher Lauer, der | |
mit dem Aufstieg und Fall der Piratenpartei zu einem gefragten | |
Talkshow-Gast wurde, bislang immer Verlass: Dass es mit ihm nicht | |
langweilig wird. | |
Bereits seit Anfang des Jahres hatte der Politiker, der noch immer ein | |
Mandat im Berliner Abgeordnetenhaus hat, den Springer-Verlag unter anderem | |
in Datenschutzangelegenheiten beraten. Seit dem 1. April, so vermeldete der | |
Verlag nun in weiser Knäppe, sei Lauer in der sogenannten Leitungsposition | |
im Dienst – was er dabei genau leitet und inwiefern sich sein neues | |
Engagement von seiner vorherigen Beratertätigkeit unterscheidet, ist nur in | |
Andeutungen klar. | |
Demnach soll Lauer für den Verlag, zu dem unter anderem die Bild-Zeitung | |
und die Welt gehören, künftig weltweit technische Innovationen sichten und | |
in den Verlag hineintragen. Dabei soll er direkt dem Vorstand des mächtigen | |
Medienimperiums unterstellt sein und mit verschiedenen Abteilungen im Hause | |
zusammenarbeiten. Personalverantwortung, so verlautet es aus dem Haus, | |
trage Lauer jedoch nur für sich selbst. | |
## Beste Aufstiegschancen | |
Das dürfte eine weise Entscheidung sein – und schwer genug zu | |
verwirklichen. Denn in der Vergangenheit war der Politiker mit dem | |
überbordenden Strahlungsbewusstsein vor allem durch seine steilen Thesen, | |
seine beachtliche Direktheit, aber auch mit seinen immer wieder klugen | |
Interventionen und Wortmeldungen aufgefallen. | |
Via Twitter pflegt Lauer bereits seit langem eine virtuelle Ehe mit dem | |
stellvertretenden Welt-Chef Ulf Poschardt. Beide gehen sich gern öffentlich | |
an oder erfreuen sich an verspielten Positionswechseln. Lauer nennt | |
Poschardt etwa gern einen „Racker“. Tatsächlich entspricht Lauer jenem | |
Typus des leicht unkonventionellen Alphatiers, das im Hause Axel Springer | |
beste Aufstiegschancen hat. | |
Gleichzeitig darf der frühere Berliner Landesvorsitzende der Piraten | |
inhaltlich als Innovator gelten, der auch in seiner Partei ein mächtiger | |
Antreiber war – [3][ehe er 2014 frustriert aus der Partei austrat]. | |
So [4][veröffentlichte Lauer etwa stets seine Nebeneinkünfte], die er neben | |
seiner Arbeit als Parlamentarier erhielt – und protokollierte auf seiner | |
Website etwa auch sämtliche Honorare im Einzelnen, die er beispielsweise | |
für Gastbeiträge in der FAZ oder Zeit erhielt. Dort gab er nach Beginn | |
seiner Beratertätigkeit bei Springer im Januar auch umgehend seine | |
Gehaltseinstufung bekannt. | |
## Kein Nachrücker da | |
Sein Mandat im Abgeordnetenhaus will Lauer zunächst behalten. Das ist | |
rechtlich gesehen unproblematisch, weil das Berliner Parlament ein | |
sogenanntes Feierabendparlament ist und hauptberufliche Tätigkeiten der | |
Abgeordneten durchaus möglich sind. Dass Lauer seine Perspektiven nicht | |
mehr im Abgeordnetenhaus sah, schien schon länger durch. Weil die Piraten | |
bei der Wahl 2011 völlig überraschend mit allen Listenkandidaten ins | |
Berliner Parlament gewählt worden waren, fehlen mögliche Nachrücker für | |
ihn. Würde Lauer sein Mandat niederlegen, bliebe sein Stuhl frei. | |
Die taz pflegt seither eine besondere Beziehung mit dem Ex-Piraten. Einst | |
druckte die taz das Foto eines Otters und untertitelte es versehentlich mit | |
Christopher Lauers Namen – wofür sie sich umgehend entschuldigte. In den | |
sozialen Medien konnte das [5][#Ottergate] dann dennoch nicht verhindert | |
werden. Lauer wiederum verlangte von der taz bei späterer Gelegenheit ein | |
Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro, falls er sich zumuten müsse, ein | |
Interview mit der Zeitung zu führen. Seinen Wert kannte der Mann also | |
stets. Nun wird er ihm auch vergütet. | |
22 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://twitter.com/axel_springer/status/590524113934012416 | |
[2] http://www.brigitte.de/liebe/singles/sich-verlieben-560563/?vicomi&utm_… | |
[3] /!146254/ | |
[4] http://www.christopherlauer.de/glaesernermda/ | |
[5] http://www.christopherlauer.de/2014/03/03/ottergate/ | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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