# taz.de -- Piraten-Abgeordneter Lauer: Interview nur gegen Kohle | |
> Christopher Lauer redet nur mit der taz, wenn die ihm 500 Euro zahlt. Das | |
> ist ein bundesweit einzigartiger Vorgang, so der Journalistenverband. | |
Bild: Sucht ständig nach neuen Einkommensquellen: Christopher Lauer. | |
Der Abgeordnete Christopher Lauer, früherer Vorsitzender und nun | |
parteiloses Mitglied der Piratenfraktion, hat für ein Interview mit der taz | |
500 Euro verlangt. Nach Kenntnis des Deutschen Journalistenverbandes ist | |
das ein in Deutschland bislang einmaliger Vorgang. | |
Lauers Fraktionschef Martin Delius mag indes nichts Verwerfliches sehen und | |
spricht von einem „Scherz“. Anders Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD): | |
„Ein Abgeordneter sollte auch nicht im Scherz den Eindruck erwecken, dass | |
er ein Interview nur gegen Bezahlung gibt.“ | |
Die taz hatte Lauer am Montag in einer Email um ein Interview gebeten. | |
Thema sollte vorrangig seine Twitter-Aktivität sein, aktueller Anlass sein | |
anstehender 100.000. Kurzbeitrag dort, ein sogenannter Tweet. In Lauers | |
Antwortmail heißt es: „Gerne gebe ich der taz ein Interview. Allerdings | |
müsste ich der taz für den Verlust an Lebenszeit und Lebensqualität und aus | |
Prinzip hierfür 500 Euro in Rechnung stellen.“ | |
## Inakzeptabel für die taz | |
Für die taz ist eine solche Forderung inakzeptabel und nicht mit dem Bild | |
eines gewählten und aus Steuergeldern mit monatlich rund 3.500 Euro | |
bezahlten Abgeordneten zu vereinbaren. „Wenn ein Politiker – aus welchen | |
Gründen auch immer – nicht mit uns reden will, müssen wir das hinnehmen. | |
Aber wenn er Geld dafür verlangt, zeigt sich darin ein äußerst fragwürdiges | |
Verständnis seiner Arbeit und Aufgaben“, sagt der Leiter der | |
Berlin-Redaktion der taz, Bert Schulz. | |
Piraten-Fraktionschef Delius betrachtet die ganze Sache entspannter. „Das | |
darf man nicht einfach im luftleeren Raum behandeln“, sagte er am Mittwoch | |
und bezog sich dabei auf das in der taz-Anfrage gewählte Thema der | |
Twitter-Aktivität. Für Delius ist klar erkennbar, „dass Herr Lauer sich | |
einen Scherz mit der taz erlaubt hat“. Deshalb könne man ihm als | |
Vorsitzenden auch nicht vorhalten, Lauers Verhalten zu tolerieren, weil es | |
gar nichts zu tolerieren gebe. | |
## Forderung ohne Beispiel | |
Für den Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands, Hendrik Zörner, gibt | |
es für die 500 Euro-Forderung des Parlamentariers kein Vorbild. „Mir ist | |
nicht bekannt, dass es so etwas jemals gegeben hat“, sagte er der taz. „Da | |
hätte sich auch ein Sturm der Entrüstung gegen den Abgeordneten erhoben.“ | |
Die Grünen kommentierten Lauers Interview-Bedingung spöttisch. „Wir sammeln | |
jetzt Spenden – weil wir finden, dass sich nicht nur reiche Zeitungen ein | |
Interview mit Lauer leisten können sollen“, sagte Benedikt Lux, | |
parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion. Bedingung sei | |
allerdings, dass Lauer das Geld an die Gewaltschutzambulanz spende, für die | |
sich bisher sowohl der Piratenpolitiker wie auch die Grünen eingesetzt | |
hatten. | |
## Prägende Figur der Piratenfraktion | |
Lauer, der im vergangenen September aus seiner Partei austrat, war im | |
Herbst 2011 mit 14 weiteren Piratenmitgliedern ins Abgeordnetenhaus gewählt | |
worden. Er wurde zwar erst im Juni 2012 für ein Jahr Vorsitzender der neuen | |
Fraktion und noch später, 2014, für sechseinhalb Monate Landesparteichef. | |
Aber auch ohne Führungsamt war er wegen seiner rhetorischen Fähigkeiten von | |
Beginn an die prägende Figur der Piraten im Landesparlament. Der heutige | |
Regierungschef und damalige Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) | |
etwa lobte eine Rede Lauers zur East Side Gallery als „richtig gut“. Lauer | |
glitt aber am Mikrofon anfangs auch ab in Formulierungen wie „sich einen | |
von der Palme wedeln“. | |
7 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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