| # taz.de -- BAMF-Chef über deutsche Asylpolitik: „Die Stimmung darf nicht ki… | |
| > Dass Deutschland Einwanderungsland ist, müsse normal werden, so der Chef | |
| > des Migrations-Bundesamts. Bei Abschiebungen müsse man aber konsequent | |
| > sein. | |
| Bild: „Wichtig wäre, konsequent durchzusetzen, dass jemand Deutschland verla… | |
| taz: Herr Schmidt, die Bundesregierung hat Serbien, Mazedonien und Bosnien | |
| zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Was ändert sich für Ihre Behörde? | |
| Manfred Schmidt: Jeder dritte Asylantrag stammt heute aus einem Staat des | |
| westlichen Balkans. Über 99 Prozent dieser Asylanträge werden abgelehnt. | |
| Die Erklärung zu sicheren Herkunftsstaaten wird die Asylverfahren für diese | |
| Herkunftsländer beschleunigen. Wir werden noch schneller entscheiden können | |
| als bisher, weil wir weniger Begründungsaufwand haben. Wir hoffen aber | |
| auch, dass dieser Beschluss ein entsprechendes Signal in die genannten | |
| Herkunftsländer sendet – sodass die Zahl der Antragsteller von dort weniger | |
| wird und wir mehr Kapazitäten in die Bearbeitung von Herkunftsländern | |
| investieren können, die eine Anerkennungsquote von nahezu 100 Prozent | |
| haben. Dies trifft etwa auf das Herkunftsland Syrien zu. | |
| Was gibt Ihnen diese Hoffnung? | |
| Es gibt entsprechende Beispiele. Als Frankreich etwa Albanien zum sicheren | |
| Herkunftsland erklärt hat, hat es keine vier Wochen gedauert, bis die Zahl | |
| der Anträge von Albanern dort sank und in Deutschland von 400 auf 5.000 | |
| hochgeschnellt ist. | |
| Aber musste man dafür das Asylrecht einschränken? | |
| Von Januar bis August 2013 hatten wir rund 6.000 Asylbewerber aus Syrien | |
| und 4.800 aus Serbien. Ein Jahr später waren es für den gleichen Zeitraum | |
| schon 19.000 aus Syrien und 10.000 aus Serbien. Die Bevölkerung sieht | |
| jedoch, dass diese Menschen vor sehr verschiedenen Notlagen fliehen – die | |
| einen vor Bürgerkrieg, die anderen zumeist aus wirtschaftlicher Not. Beide | |
| Fluchtgründe sind nachvollziehbar. Mit dem Unterschied, dass dem | |
| Bürgerkriegsflüchtling Schutz nach der Genfer Konvention zusteht, während | |
| dem anderen rechtlich kein Schutz gewährt werden kann. Menschen dürfen | |
| nicht das Gefühl bekommen, dass Schutzsuchende nur aus wirtschaftlicher Not | |
| nach Deutschland kommen. | |
| Trotz steigender Flüchtlingszahlen wird die Asyldebatte bislang noch recht | |
| sachlich geführt. Ist das nicht erfreulich? | |
| Das ist sehr erfreulich. Wir sehen vielerorts ein unglaubliches | |
| ehrenamtliches Engagement, das gab es so vor 20 Jahren noch nicht. Aber wir | |
| müssen trotzdem aufpassen, dass das nicht in eine Richtung kippt, die wir | |
| alle nicht wollen. Diese Ablehnung könnte sich dann wieder nicht allein | |
| gegen Flüchtlinge, sondern gegen alle Menschen mit Migrationshintergrund | |
| richten. Darum muss der Staat an der einen oder anderen Stelle konsequent | |
| sein. | |
| Was fordern Sie? | |
| Wichtig wäre, konsequent durchzusetzen, dass jemand Deutschland verlassen | |
| muss, wenn er kein Bleiberecht erhält. Beispielsweise hatten wir im letzen | |
| Jahr 32.000 Übernahmeersuchen an andere EU-Länder gestellt, um Asylbewerber | |
| zu überstellen, für deren Verfahren wir laut der Dublin-Verordnung nicht | |
| zuständig sind. Davon wurden 22.000 positiv beschieden, aber nur 4.000 | |
| Überstellungen erfolgten tatsächlich. | |
| Wie viele Abschiebungen gab es im letzten Jahr? | |
| Wir hatten 2013 rund 10.000 Abschiebungen. Dazu kamen 11.000, die mit | |
| unserer Hilfe freiwillig zurückgekehrt sind. Die meisten davon in den | |
| westlichen Balkan. | |
| Wie viele Asylbewerber aus dem westlichen Balkan sind Roma? | |
| Die große Mehrheit gibt in unseren Anhörungen an, Roma zu sein. | |
| Außer steigenden Flüchtlingszahlen: Was sehen Sie als größte | |
| Herausforderung für Ihr Amt? | |
| Ich sehe eine Herausforderung darin, dass die Realität, dass Deutschland | |
| ein Einwanderungs- und Integrationsland ist, zur Normalität wird. | |
| Einwanderung und Integration dürfen nicht dem Zufall überlassen werden. Es | |
| darf nicht vom Zufall abhängen, ob Menschen die Gelegenheit zur Förderung | |
| oder die Chance zur gesellschaftlichen Partizipation erhalten. Diesen | |
| Prozess zu gestalten sehe ich als eine zentrale Aufgabe des Bundesamtes, | |
| die zugleich auch eine gesellschaftliche ist. | |
| 5 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bax | |
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